Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Sonntag, 10. April 2016

Review: Crimson Peak



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USA/Kanada 2015

Crimson Peak
Regie: Guillermo del Toro
Darsteller: Mia Wasikowska, Jessica Chastain, Tom Hiddleston, Charlie Hunnam, Doug Jones
Lauflänge: Circa 119 Minuten
Genre: Drama, Romantik, Mystery
FSK: Frei ab 16



Guillermo des Toro gehört ganz ohne Frage zu den wandlungsfähigsten und technisch hochbegabten Regisseuren der Neuzeit. Del Toros Werk ist nicht gänzlich unumstritten. Neben vielen beeindruckenden visuellen Effekten werden Del Toros Geschichten meistens geprägt von langen, ausgiebigen Dialogen und ernsten Hintergründen. So waren viele Kinogänger, die Pans Labyrinth damals gesehen haben, ernüchtert, dass sie keinen Fantasyfilm sahen sondern ein Drama über den spanischen Bürgerkrieg mit Fantasy-Elementen. Del Toro ist außerdem bekannt dafür, seine Fantasy mit der Realität zu verschmelzen. Seine Handschrift ist unverkennbar, selbst bei komplett auf Entertainment ausgelegten Filmen wie Pacific Rim.

Während Pacific Rim damals mit viel Lärm und Getöse in die Kinos kam, so kam Guillermo del Toros neuster Streich, Crimson Peak, beinahe unbemerkt in die Kinos. Ich muss ehrlich gestehen, von der Existenz des Filmes habe ich bis vor wenigen Wochen noch gar nichts gewusst!
Crimson Peak ist zwar ein Original von Del Toro, allerdings war es nicht sein Wunschprojekt. "Die Berge des Wahnsinns", eine von Lovecrafts bekanntesten Geschichten, wollte Del Toro adaptieren. Ein Wunschprojekt von ihm, worauf sich Universal letztendlich (noch) nicht eingelassen hat. Stattdessen wurde es dann Crimson Peak. Del Toro hat unzählige Varianten des Scripts für den Film konzipiert und es tatsächlich noch geschafft, sich eine Version davon auszusuchen. Ob diese Wahl aber die beste war, nun, ich bezweifle es.

Was Genau ist Crimson Peak denn? Ein Historienfilm? Ein Romantikfilm? Ein Gruselfilm oder vielleicht sogar alles zusammen? Crimson Peak beinhaltet wirklich all diese Genre, keines davon meistert er jedoch annehmbar. Die Geschichte spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die angehende Autorin Edith Cushing (gespielt von Mia Wasikowska und angelehnt ist der Name an Kult-Darsteller Peter Cushing) hat bereits früh ihre Mutter verloren. Vor 14 Jahren, als Ediths Mutter starb, erschien der kleinen Edith ihre Mutter als Geist. Der ruhelose Geist warnte das Mädchen vor einem Ort namens "Crimson Peak", kurz darauf verschwand die unheimliche Gestalt wieder. Rund 14 Jahre später ist Edith zu einer Frau herangewachsen und lebt gemeinsam mit ihrem wohlhabendem Vater im Anwesen der Familie. Der Bauunternehmer führt eine einflussreiche Firma und eines Tages stellt sich ein Mann aus England namens Thomas Sharpe (Tom Hiddleston) bei ihm vor, um Ediths Vater sein Projekt vorzustellen. Schnell wirft Edith ein Auge auf den seltsamen Mann und verliebt sich in ihn. Dies ist der Anbeginn einer düsteren Familiengeschichte und gleichzeitig die Geschichte von des Crimson Peak.

Die ersten 40 Minuten des Filmes gehen als Historienfilm und/oder Familiendrama durch. Wunderschön inszeniert und mit traumhaften Kulissen beweist Del Toro gemeinsam mit seinem Team einmal mehr, wieso er mittlerweile zu den meist gefragtesten Regisseuren gehört. Genau wie Pans Labyrinth, so dachte ich zumindest, baut die ruhige Geschichte auf eine umso interessantere Dramatik in der zweiten Hälfte auf. Genau wie bei Pans Labyrinth, was kein klassischer Fantasyfilm war, habe ich bei Crimson Peak auch keinen klassischen Gruselfilm erwartet. Und genau das ist der Film auch nicht. Vielmehr ist die zweite Hälfte des Filmes eine Detektivgeschichte. Alle klassischen Elemente sind vorhanden. Der Mord, eine undurchsichtige Familiengeschichte und einige Verdächtige. Jump Scares oder Schockeffekte wird man vergebens suchen, und der Grusel, den Del Toro hier anbietet, ist bestenfalls dazu geeignet, Grundschülern Angst einzujagen. Bereits hier wäre wesentlich mehr möglich gewesen. Ein riesiges, unheimliches Anwesen. Schaurige Gänge und feuchte Keller. Ein paar mal blitzt ein Anflug dieser unbehaglichen Stimmung auf, bevor das Geschehen recht schnell beendet wird.

Visuell gesehen ist Crimson Peak von einer besonderen Schönheit geprägt. Wie immer setzt Del Toro auf stimmige reale, handgemachte Sets mit spärlichem Einsatz von CGI. Crimson Peak schaltet circa fünf Gänge zurück im Vergleich zum sehr CGI überfüllten Pacific Rim (wobei, auch für Pacific Rim wurde eine menge echter Sets gebaut, den Fakt darf man nicht vergessen zu erwähnen). Prunkstück von Crimson Peak ist selbstverständlich das Anwesen der Sharpes. Leider musste das grandiose Set am Ende der Dreharbeiten gesprengt werden (sofern ich recht informiert bin). Der Gebrauch von CGI wurde hier sehr spärlich eingesetzt. Die Geister bestehen beispielsweise aus handgemachten Kostümen (wieder einmal steckt Doug Jones darunter), die jedoch ein wenig mit CGI Effekten aufgepeppt wurden. Dies fällt nicht negativ auf. Ich las häufig, wo manche Kritiker der Meinung waren, die Geister bestünden komplett aus CGI, was einfach nicht korrekt ist. Die Geister selbst tragen leider nur eine relativ unbedeutende Rolle, und somit ist auch ihre Screentime eher spärlich gehalten.

Schauspielerisch war ich ebenfalls überzeugt. Auch wenn man glatt meinen könnte, Mia Wasikowska erlebt hier ein neues Abenteuer im Wunderland (ist ja bald trotzdem wieder soweit). Jessica Chastain, über die ich in meinem Zero Dark Thirty Review noch so geflucht habe, spielt hier eine überzeugende Rolle (dunkle Haare stehen ihr überraschend gut), was nur ein weiteres Zugeständnis dafür ist, was für ein unsäglich schlechter Film Zero Dark Thirty doch war (das ist jedoch eine andere Geschichte). Besonders gut hat mir jedoch Tom "Loki" Hiddleston gefallen. Hiddleston war nur die zweite Wahl, für die Rolle sah Del Toro Benedict Cumberbatch vor, der hier genau so gut gepasst hätte aber aus zeitlichen Gründen abgesagt hat. Hiddleston hat jedoch das gewisse Etwas. Etwas charmantes und gleichzeitig schmieriges, etwas, was nicht zu durchschauen ist. Insgesamt eine sehr gelungene Darstellung von Tom Hiddleston.

Wir haben also ziemlich gute Effekte und eine beeindruckende Kulisse, eine Story mit Potential und überzeugende Darsteller. Was kann da also noch schiefgehen? In den Punkten wo Crimson Peak eine Augenweide ist, ist er erzählerisch so flach wie ein amerikanischer Pancake. Guillermo del Toro will so vielen Schriftstellern Tribut zollen, dass er vergessen hat, dass er eigentlich auch ein richtig guter Erzähler ist. An allem mangelt es Crimson Peak. Was noch vielversprechend beginnt, driftet ab in ein völlig vorhersehbares, dünnes Script ohne Überraschungen. Gute Geschichten müssen nicht immer komplex oder kompliziert verschachtelt sein. Es reicht Originalität und ein guter Showdown. Nichts davon findet man in Crimson Peak. Sowohl in The Devil's Backbone als auch in Pans Labyrinth hat Del Toro es geschafft, neben einer wahnsinnig guten Inszenierung eine anständige Geschichte zu präsentieren. Bei Crimson Peak hatte ich stets das Gefühl, er wärmt hier alte Geschichten auf und serviert uns dazu einige Klischees des Gothic-Horrors. All das ist insofern schade, da die Zutaten für einen spannenden Film alle vorhanden sind.


Fazit

Doyle, Shelly, Hoffman, Lovecraft und Poe. Meister der Literatur, Pioniere ihres Fachs. Sie werden namentlich in Crimson Peak genannt oder man erkennt schnell, welchem dieser Pioniere Guillermo del Toro gerade Tribut zollt. Bei all den großen Namen ist es relativ überraschend der Pionier Guillermo del Toro, dem hier kein Tribut gezollt wurde. Seine Handschrift ist zwar auch in Crimson Peak vorhanden, aber es fehlt einfach etwas. Die Ideenlosigkeit des Scripts ist es aber, die mir wirklich nach dem Abspann des Filmes zu schaffen machte. Alles läuft nach einem altbekannten Schema ab. Klischees und fehlende Höhepunkte prägten eine Geschichte, die durchaus potential hatte, auch über den Film hinaus noch nachhaltig zu wirken. Raum für Spekulationen und Theorien gibts so gut wie gar keine.

Was bleibt ist ein Fest für die Augen. All das spielt in der höchsten Liga. So wird man die einmalige Sichtung von Crimson Peak bestimmt nicht bereuen. Wer tatsächlich aber eine gute und spannende Geschichte erleben will, der sollte sich ein Buch der im Fazit genannten Damen und Herren zu Gemüte führen, denn die verstehen tatsächlich etwas von ihrem Handwerk.

3 Kommentare:

  1. danke für den Tipp - der hört sich klasse an und wäre mir sonst wohl durch die Lappen gegangen :)

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  2. Ist aber mit Vorsicht zu genießen muss ich dir sagen :D
    Wenn du ihn schaust, richte dich drauf ein, mehr zu sehen, als zu erleben :)
    Eindeutig ein Film, der auf visueller Sicht punktet.

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  3. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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