Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Mittwoch, 13. Januar 2016

Wird die FSK zahm? Wenn Verleihe ihre Filme künstlich hochstufen






Für eine Kinoauswertung kann für den Verleih eine höhere Altersfreigabe meistens das Aus bedeuten. Der Profit im Kino wird schon lange nicht mehr durch die angepeilte Zielgruppe erzielt, sondern durch die Altersfreigabe. Populär ist diese Gangart natürlich in den USA mit dem berüchtigtem PG-13 Rating der MPAA (ungefähres amerikanisches Pendant zur deutschen FSK). 

Bei der Auswertung für das Heimkino sieht es da schon anders aus. Viele Leute der eigentlich angepeilten Zielgruppe verzichten daher meistens komplett auf den Kinobesuch und warten bzw. hoffen, auf DVD und Blu-ray eine härtere Fassung vorzufinden. Der der Bedarf nach den sogenannten "Extended-Editions" abgeflaut ist, warten viele Filmfans natürlich vergebens. Doch auch ohne fehlende "Extended-Editions" dürfte die Zielgruppe des Heimkino-Segments eine wesentlich reifere sein, als die Leute, die den gleichen Film zuvor noch im Kino gesehen habe (kommt natürlich auf den Film an).

Das sich hinter David Robert Mitchells beeindruckendem "It Follows" ein Film für Jugendliche ab 12 verbirgt, verrät weder das Cover noch der Inhalt des Filmes. Die FSK zeigte sich erstaunlich freizügig und vergab trotz etlicher grafischer Szenen (ganz zu schweigen von der Atmosphäre des Films) das FSK 12 Siegel für den Horrorfilm. Für den "Weltkino Filmverleih (gehören meines Wissens zu Universum)" nicht unbedingt die günstigste Freigabe, um den Film anständig zu vermarkten. Viele potentielle Käufer dürfte die niedrige Freigabe schon im Kaufhaus abschrecken. Dagegen kann man als Verleih jedoch Abhilfe verschaffen. Der Film selbst ist nur einer von meistens vielen Inhalten, der sich auf einer Disc befindet. Die Zugabe von weiterem Material wird ebenfalls von der FSK geprüft. Im Falle von "It Follows" wird sich auf der Disc also vermutlich ein Trailer befinden, der von der FSK ab 16 freigegeben wurde. Somit ist das komplette Produkt auch erst für Käufer ab 16 Jahren zugänglich. Und dies dürfte auch tatsächlich die einzige Altersgruppe (und aufwärts) sein, die diesen Film sehen sollte.

Das gleiche Spiel gab es aus vermutlich ähnlichen Gründen bei Antoine Fuquas "Southpaw" mit Jake Gyllenhaal in der Hauptrolle. Sowohl im Kino als auch im Heimkino mit dem Gütesiegel "Ab 12" ausgezeichnet, zog der Verleih "Tobis Film" es vor, die Altersfreigabe künstlich anzuheben. Damit dürfte auch ganz klar sein, welche Zielgruppe der Verleih anpeilt. Die FSK war ihnen dabei jedoch keine große Hilfe.

Beim letzten Beispiel wird es schon etwas komplizierter. Denn was "Splendid" hier anbietet ist mehr eine Mogelpackung als das anpeilen einer bestimmten Zielgruppe. Arnold Schwarzenegger plus Zombiefilm. Das muss ein Splatterfest werden. Allerdings ist "Maggie" ein ruhiger Genrevertreter, unüblich, mehr ein Arthouse-Drama aus dem Independent-Segment. In den USA hat der Film bereits ein gemütliches PG-13 Rating erhalten, in Deutschland war die FSK nicht ganz so gnädig und erteilte eine FSK 16 Freigabe. Bei "Splendid" zog man es dennoch vor, eine volljährige Zielgruppe anzupeilen und statte die Disc mit Trailern aus, die von der FSK "Keine Jugendfreigabe" erhalten haben. Insofern werden die Leute ernüchtert sein, die einen schnörkellosen Schwarzenegger Streifen erwartet haben (und sich nicht vorher informiert haben). Zum anderen ist diese künstliche Aufstufung der Altersfreigabe auch noch völlig unnötig, denn somit fallen bei vielen Online-Händlern in Deutschland noch zusätzliche Versandkosten und eine Identitätsprüfung an. Da man sich vor Serien wie "The Walking Dead" zumindest von der Altersfreigabe her nicht verstecken wollte, ist man bei Splendid dieses Opfer eingegangen. Vom Marketing her bestimmt nicht dumm, dennoch eine kleine Mogelpackung seitens des Verleihs, die hier einen Film für volljährige bewerben und vermarkten, der Inhalt des Hauptfilms der Freigabe jedoch nicht gerecht wird.

Insgesamt muss man natürlich sagen, die FSK ist längst nicht mehr so penibel wie noch vor einigen Jahren oder gar Jahrzehnten. Indizierte Klassiker werden vom Index gestrichen und mit neuer, milderer Freigabe versehen und viele aktuelle Filme, die besonders im Ausland eine viel höhere Freigabe erhalten, kommen in Deutschland ziemlich gut weg. Die Methode der Verleihe, die Filme künstlich hochzustufen um eine andere Zielgruppe anzupeilen ist auch nicht neu, häuft sich jedoch seit einiger Zeit. Wirklich nachvollziehen kann ich es persönlich nur bei "It Follows". "Southpaw" bekommt ein Ok von mir da dort ebenfalls die Zielgruppe bei Zuschauern über 16 Jahren liegen dürfte. "Maggie" hingegen bekommt dafür jedoch nur ein Kopfschütteln. Unnötig und irreführend wurde hier die Altersfreigabe hochgestuft. Man darf sehr gespannt sein, wie sich das Thema in kommender Zeit noch entwickeln wird, denn auch dieses Jahr steht uns wieder ein umfangreiches Kinojahr bevor.

1 Kommentar:

  1. Schöner Artikel! Diese Art künstlich höhere Altersfreigaben durch "Bonusmaterial" zu bekommen, ist mir vor ca 15 Jahren das ersten Mal aufgefallen. Ich weiß nicht mehr genau welcher Film es war aber die Altersfreigabe und das Cover versprachen einen derben asiatischen Krimi...leider wurde meine Erwartung in keinster Weise erfüllt...seitdem bin ich sehr vorsichtig und ein großer Freund der Seite Schnittberichte[.com] :D

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