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Dienstag, 26. Januar 2016

Einwurf: Was ist das Expanded Universe noch wert?




Spricht Cliegg Lars die Wahrheit? Hat Disney mit der Übernahme des gesamten Star Wars Franchise tatsächlich Mord in galaktischen Ausmaße begangen? Fragt man eingefleischte Fans des erweiterten Universums von Star Wars (Fachbegriff: Expanded Universe), werden diese meine Frage vermutlich bejahen. Für eine menge anderer Fans von Star Wars, die sich immer mal wieder in das gigantische Universum reintasten wollten, vom Umfang aber regelrecht erschlagen wurden, werden die Opferung des Expanded Universe vermutlich begrüßen, denn der Clean Cut, den Disney gemacht hat, hat auch einiges an Ballast über Board geworfen. Man hat sich stattdessen nun für ein hoch offizielles, strukturiertes sowie geordnetes Expanded Universe entschieden. Man will den Star Wars Canon auch weiterhin mit Romanen und Comics beliefern, Stories, die zum offiziellen neuen Canon gehören. Statt auf Quantität will man fortan auf Qualität setzen. Die Verantwortlichen bei Disney müssen dieses Versprechen jedoch erst einmal einhalten.


(Foto: Aufziehvogel. "Darth Plagueis" erhältlich bei Blanvalet. "Verlorene Welten" erhältlich bei Panini Books)


Um zu unterscheiden, welche Stories zum offiziellen Canon gehören und welche Stories aus dem alten Expanded Universe stammen, hat man die Werke nun mit "Legends" (alt) und "Canon" (neu) Schriftzügen versehen. Der Blanvalet Verlag hat bereits bei einigen Neuauflagen darauf geachtet, den "Legends" Schriftzug hinzuzufügen.

Das alte Expanded Universe war für viele Star Wars Jünger unverzichtbar. Der schiere Umfang jedoch machte den Einstieg für viele Neulinge jedoch nahezu unmöglich. Wo sollte man einsteigen? Manche Reihen an Romanen umfassten um die 10 Bände. Und selbst bei einer brandneuen Serie, wo sich noch keine zweistellige Zahl auf dem Cover befand, war vermutlich die Fortsetzung einer dieser Reihen. Zudem schwankte auch die Qualität vieler Werke. Die X-Wing Reihe liest sich kaum besser als eine generische Fanfiction während Werke wie die Thrawn-Trilogie es sogar mit den Filmen aufnehmen kann. Und dann gibt es natürlich auch die Werke, die weder gut noch schlecht sind und einfach komplett in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sind. Diese "Mitteldinger" dürften auch den größten Teil des Expanded Universe ausmachen (ohne viele bekannte Serien nun zu schmälern).




Doch sind nun alle alten Geschichten wertlos? Soll man seine Sammlung an Romanen und Comics aus der "Legends-Ära" nun alle verbrennen? Haltet ein!
Weder sind eure Bücher wertlos, und erst recht müssen sie nicht verbrannt werden. Man hat sich mit dem "Legends" Schriftzug viel Raum für Interpretationen gelassen. Das alte Expanded Universe mag zwar nicht mehr zur offiziellen Timeline gehören, trotzdem spielen sie noch immer eine Rolle. Die meisten Werke werden vermutlich in einem "Was wäre wenn" Universum spielen. Viele andere, ganz besonders abgeschlossene Einzelbände wie "Shadows of the Empire" von Steve Perry und "Darth Plagueis" von James Luceno können problemlos mit dem offiziellen Canon koexistieren. Während "Darth Plagueis" die Vorgeschichte von Palpatine erzählt (jene Geschichte über seinen Meister, dem mächtigen Sith Lord Darth Plagueis, schneidet er in Episode III an), füllt "Shadows of the Empire" einige Lücken zwischen Episode V und Episode VI. Die neue Episode VII greift keine dieser Ereignisse auf und es ist unwahrscheinlich, dass auch die kommenden Episoden noch einmal auf diese Thematik eingehen werden (und nein, hinter Supreme Leader Snoke wird sich nicht Darth Plagueis befinden). Die beiden angesprochenen Romane fügen sich sogar besser dem offiziellen Canon ein als die offiziell abgesegnete TV-Serie "Clone Wars". Darth Plagueis und Prinz Xizor müssen sich daher keine Sorgen um ihre Existenzen machen. Selbst der fiese Darth Scabrous, der über 3000 Jahre vor den aktuellen Ereignissen lebte, kann weiterhin sei untotes Dasein fristen.

Problematisch wird es dann ausgerechnet bei jener legendären Trilogie, die für die Gründung (und nun vermutlich auch für den Fall) des Expanded Universe verantwortlich war. Die Thrawn-Trilogie. Alle 3 Bände wurden von Timothy Zahn (der Mann, der "Coruscant" zum ersten mal ins Star Wars Universum einführte) verfasst und galten über viele Jahre als legitime Fortsetzung zu "Die Rückkehr der Jedi Ritter". Diese so verehrte Trilogie musste nun den Platz räumen für die neuen Filme.
Dennoch machen die neuen Umstände die Thrawn-Trilogie in keinster weise wertlos oder nicht mehr relevant. Vermutlich kann die Trilogie sich nun noch einmal im direkten Schlagabtausch gegen die neuen Episoden beweisen. Auch hier bin ich mir sicher, die Romantrilogie und die neue Filmtrilogie werden wunderbar zueinander koexistieren können.

Ob "Legends" oder "Canon", alle Geschichten, die bisher verfasst wurden, werden auch weiterhin existieren. Eine menge Geschichten des alten Expanded Universe werden auch weiter aktuell bleiben (einige weniger gute hoffentlich in der endgültigen Versenkung verschwinden), da viele Romane oder gar Comics nicht mit dem neuen Canon aneinander geraten werden. Die Werke, die nach Episode VI spielen werden sich vermutlich ein wenig den neuen Geschehnissen unterordnen müssen. Zum Wohle eines neuen, geordneten Expanded Universe ist dies aber ein Opfer, womit ich kaum Probleme habe. Die Zukunft von Star Wars wird zeigen, wie all diese Werke miteinander harmonieren werden. Und sowohl "Lords of the Sith""Dark Disciple" als auch "Verlorene Welten" haben bewiesen, das Ende einer Ära ist gleichzeitig der Beginn einer neuen. In diesem Falle einer neuen Galaxie.

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