Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Sonntag, 26. April 2015

Aufziehvogel fragt nach: Im Gespräch mit Ekaterina Mikulich




Falls sich wer gefragt hat, ob ich auch noch etwas anderes für diesen Blog mache, außer Rezensionen und Einwürfe und Top 10's zu verfassen, der bekommt nun die Antwort: Ja, ich bin stetig dabei, Am Meer ist es wärmer zu erweitern. An der Kategorie "Aufziehvogel fragt nach" werkle ich schon seit mehr als einem Jahr. Im letzten Jahr war ich kurz davor, einen Erfolg zu vermelden, jedoch löste sich meine (durchaus sehr interessante) Gesprächspartnerin in Luft auf! So etwas soll es geben (auch wenn es schwer vorstellbar ist bei so einem charmanten Gesprächspartner)! Bevor ich also in Selbstverliebtheit zerfließe, möchte ich euch die Person vorstellen, die mutig genug war, sich meinen mehr oder weniger penetranten Fragen zu stellen :)

Aufziehvogel fragt nach: Im Gespräch mit Ekaterina Mikulich - Übersetzerin der deutschen Ausgabe der Accel World Light Novel

(Ekaterina bei der Arbeit)


Der Vorreiter für dieses kleine Interview ist folgender Einwurf: "Können sich Light Novels in Deutschland endlich etablieren?"

Ziel dieser Reihe ist es nicht nur, Leser auf Light Novels/Japanische Literatur aufmerksam zu machen, sondern auch auf die wichtigen Personen, die sie in unsere Sprache übersetzen. Wer die Rezensionen auf meinem Blog verfolgt, dem wird es vielleicht nicht entgangen sein, dass sowohl die Nennung des oder der Übersetzer(in) sowie ein gesonderter Absatz über die Übersetzung des jeweiligen Werkes sehr wichtig ist. Ich lasse daher keine Gelegenheit aus, wenn sich die Chance bietet, persönlich Kontakt zu einem Übersetzer aufzunehmen.

Bevor ich nun zum eigentlichen Gespräch komme, möchte ich noch kurz erzählen, wie es zu der Zusammenarbeit kam. Ekaterina lernte ich im Comicforum kennen (an dieser Stelle noch einmal ein aufrichtiges Danke an diese durchaus große Plattform für ihre Existenz). Ich halte es nicht für selbstverständlich wenn eine Übersetzerin sich in einem Forum anmeldet und mit den Usern ein wenig über das Projekt plaudert, an dem sie gerade sitzt. Persönlich finde ich, sowohl für Accel World als auch für Tokyopop war das eine sehr sympathische Werbung. Ich wollte die Gelegenheit nicht verstreichen lassen und habe Ekaterina persönlich angeschrieben. Das Ergebnis dieser Plauderei rund um die Übersetzung eines japanischen Light Novels und an welchen Projekten Ekaterina aktuell arbeitet, möchte ich euch nicht vorenthalten.

Das Interview ist aufgebaut in einer Einleitung und 5 Fragen, die Ekaterina sehr ausführlich beantwortet hat.


Einleitung:

Aufziehvogel: Hallo Ekaterina! Willkommen auf "Am Meer ist es wärmer". Bevor wir loslegen, beginnen wir lieber mit einer Einleitung, damit die Leute einen kleinen Einblick über deine Person bekommen. Erzähl uns doch, was genau dich zu einem exotischen Land wie Japan und dieser durchaus sehr komplexen Sprache gebracht hat.

E.M: Meine Verbindung zu Japan und der Sprache ist, wie man sich vielleicht denken kann, durch Manga und Anime entstanden - was zwar bei Weitem nicht bei allen Übersetzern der Fall sein muss, aber in meinem Fall war es eben schon dieser Bereich der japanischen Kultur, der mich dazu gebracht hat, mehr über das Land, das Leben dort und natürlich auch die Sprache erfahren zu wollen. Selbst durch die deutschen Übersetzungen hindurch, und natürlich die Bilder dazu, klang für mich viel Andersartiges heraus, viel Faszinierendes, weshalb ich diese Sprache irgendwann auch selbst einmal verstehen können wollte. Deswegen fing ich zunächst einmal autodidaktisch an sie zu lernen und entschied mich später für ein Japanologiestudium an der Uni.


Frage 1:

Aufziehvogel: Eine Frage, die ich endlich mal stellen kann: Was war das eigentlich für ein Gefühl, zum ersten mal professionell einen Text aus der japanischen Sprache zu übersetzen? Vermittelt dieses "Erste Mal" ein Gefühl der Verlorenheit, oder pendelt sich die Routine relativ schnell ein? Wie lange ist es her, als du zum ersten mal freiberuflich etwas übersetzt hast?

E.M: Das erste Mal ist jetzt schon über drei Jahre her … Oder „erst“ drei Jahre, wenn man sich ansieht, wie lange manche andere das schon machen. Natürlich war am Anfang etwas Unsicherheit da, die sich aber vor allem darauf bezog, was man formal alles zu beachten hat z.B. beim Erstellen des Übersetzungsdokuments - es gibt da Regeln für die Markierung innerer Monologe und aller möglicher anderen Dinge. Was die Sprache angeht, musste ich anfangs vielleicht noch häufiger überlegen, wie ich bestimmte Sachen formuliere, die man nicht wörtlich übersetzen kann, aber da entwickelt man mit der Zeit auch Strategien dafür. Nach einigen übersetzten Bänden beginnt sich in allen Bereichen Routine einzustellen - und trotzdem kann jederzeit wieder irgendwas Überraschendes kommen, woran man sich den Kopf zerbricht.


Frage 2:

Aufziehvogel: Wenn man mal etwas nachforscht, sind viele Übersetzer auch meistens Fan des jeweiligen Autors und dessen Werke, die sie übersetzen. Wie verhält sich das bei dir? Erreicht man vielleicht ein besseres Ergebnis, wenn man tatsächlich vom Hobby getragen wird? Oder braucht man sich an eine Übersetzung gar nicht erst heranwagen, wenn man zwar die Sprache beherrscht, sich aber persönlich nicht für das Werk interessiert, welches man gerade übersetzt?

E.M: „Meistens“ würde ich nicht sagen. Bei mir und in den mir bekannten Fällen anderer Übersetzer passiert es eher selten, dass man ein Werk bekommt, von dem man selbst „Fan“ ist oder wird. Von daher ist das auf keinen Fall eine Voraussetzung. Es gibt ja auch genug Übersetzer (und um noch einen anderen Bereich zu nennen, bei Synchronsprechern z.B. verhält es sich ganz ähnlich), die sich privat gar nicht oder nicht mehr mit Manga/Anime beschäftigen und dennoch ihren Job machen. Wobei ich beim Übersetzen schon der Meinung bin, dass ein generelles Interesse für diese Art von Populärkultur nur von Vorteil sein kann. Dann weiß man ja im besten Fall schon ungefähr, wie andere Übersetzungen aussehen und wie man selbst es gerne machen möchte. Kriegt man ein Werk auf den Tisch, das einem persönlich gefällt, fällt es einem natürlich schon leichter, sich da dranzusetzen (anstatt es morgens vor sich herzuschieben). Allgemein muss man zwar professionell genug sein, dass persönliche Vorlieben das Arbeitsergebnis qualitativ nicht beeinflussen, aber wenn einem das Werk dann doch gefällt oder man sich zumindest damit anfreunden kann, kommen die guten Ergebnisse mitunter schneller heraus als andernfalls. Aber das gilt auch nicht für jede Serie.


Frage 3:

Aufziehvogel: Bist du auch mal auf Hürden gestoßen, bei denen du dachtest: „An dieser Stelle verzweifle ich noch. Wie fahre ich jetzt am besten fort?“

E.M: Solche Stellen gibt es immer wieder. Wichtig ist, dass man weiß: es ist für (nahezu) alles eine Lösung zu finden, wenn man genug danach sucht. Ganz schwierige Stellen hebe ich mir für den Schluss auf und gucke da beim eigenen Korrekturlesen nach dem Übersetzen noch mal drüber. Manchmal hilft da allein schon der zeitliche Abstand dabei, das Problem auf einmal in einem viel einfacheren Licht zu sehen. Wenn es nicht um sprachliche Dinge, sondern die Verwendung von wichtigen Begriffen oder Ähnliches geht, bespreche ich mich auch schon mal mit dem zuständigen Redakteur, bevor der dann alles umändern muss.



(Foto: Aufziehvogel. Copyright Reki Kawahara, HiMa. Deutsche Ausgabe: Copyright @Tokyopop)


Frage 4

Aufziehvogel: Aktuell übersetzt du für den Tokyopop Verlag Accel World, die Light Novel Reihe von Sword Art Autor Reki Kawahara. Es sind bereits mehrere Bände in englischer Sprache bei Yen Press erschienen. Ist die Verlockung für einen Übersetzer groß, bei einer bereits übersetzten Ausgabe mal zu spicken bzw. einen kleinen Blick in das Werk eines anderen Übersetzers zu erhaschen, wenn man selbst an einer Stelle im Original mal nicht weiterkommt? Oder ist so etwas ein striktes Tabu?

E.M: Ich habe tatsächlich den ersten Band von Accel World auf Englisch zu Hause liegen - allerdings habe ich mir den erst bestellt, nachdem ich mit meiner Übersetzung davon fertig und auch der Korrekturdurchgang meiner Redakteurin schon vorbei war. Die Motivation dabei war einfach Neugier, und auch wenn ich bisher immer noch nicht mehr getan habe als ein wenig darin zu blättern (den Inhalt kenne ich ja schon halb auswendig, auch durch die Wiederholung im Manga), so habe ich dabei sogar mehr Gemeinsamkeiten entdeckt als gedacht. Man sagt ja, dass englische Übersetzungen oft freier sind als deutsche, aber in diesem Fall scheint es ähnlich gewesen zu sein.
Jedoch würde ich mir keine Bände zum „Spicken“ kaufen, das habe ich nicht nötig und es blockiert auch eigene Gedankenwege, wenn man weiß, wie jemand anderes es bereits gemacht hat.


Frage 5:

Aufziehvogel: Diese Frage habe ich mir für den Schluss aufgehoben. Mal eine ganz persönliche Frage: Glaubst du, Light Novels aus Japan haben die Chance, auf dem deutschen Markt so richtig durchzustarten? Besteht ausreichend Interesse? Mehrere Verlage (darunter auch Tokyopop und Carlsen) haben in der Vergangenheit sich sehr bemüht, diese Romane der deutschen Leserschaft zugänglich zu machen. Leider mit mäßigem Erfolg. Denkst du, ein neuer Anlauf könnte eine neue Leserschaft mit sich bringen?
Und weil die Frage hier ebenfalls noch so gut reinpasst: Welche Manga bzw. Light Novel Künstler verfolgst du gerne? Gibt es Werke, die du vielleicht gerne in Deutschland sehen würdest (und vielleicht selbst gerne übersetzen würdest)?

E.M: Den ersten Teil der Frage kann wahrscheinlich TOKYOPOP besser beantworten als ich, aber man wird sicher eine ausreichende Basis dafür gehabt haben, diesen Neuversuch zu starten. Vor SAO* und den anderen großen Novels hat man es ja in den letzten Jahren bereits mit Einzelbänden oder kürzeren Serien zu bereits bekannten Manga versucht. Eine Chance ist sicher da - wobei ich persönlich auch denke, dass die Übersetzer sich ebenfalls in der Verantwortung sehen müssen, ein ansprechendes Ergebnis abzuliefern, um möglichst viele Leser anzulocken. Und ich würde Light Novels in Buchhandlungen gerne auch mal außerhalb der Manga-Regale sehen - so wie jetzt ist auf den ersten Blick schwer zu erkennen, was Manga und was Novel ist. Man muss leider schon genau hingucken. Vielleicht tut sich da ja noch was in Zukunft …
Zu meinen persönlichen Lieblingskünstlern gehören Mangaka wie Kazue Katô (Blue Exorcist), Adachitoka (Noragami), Carolin Eckhardt (eine deutsche Mangaka in Japan, Erstlingswerk: Oku-sama Guten Tag!), Kou Yoneda (NightS) oder Mika Yamamori (Daytime Shooting Star). Die beiden zuletzt genannten Titel habe ich selbst übersetzt bzw. tue es noch, habe sie aber durch die Arbeit überhaupt erst kennengelernt. Ich könnte noch einige Künstler aus dem deutschen Sprachraum nennen, aber das würde jetzt wohl zu weit führen - ich denke, man sieht bereits, dass ein persönliches Interesse bei mir auf jeden Fall gegeben ist.  Hingegen lese ich Light Novels privat so gut wie gar nicht. „Welcome to the NHK“ ist da der einzige Titel, der mir jetzt einfällt, ansonsten sind es eher klassische Romane, die ich auf Japanisch lese, sofern ich dazu komme, allerdings dann auch größtenteils Werke aus dem Bereich Kinder-/Jugendliteratur. Von daher macht mir die Arbeit an „Accel World“ trotzdem Spaß, da es ja auch eine Form von Jugendliteratur ist. Wenn ich so darüber nachdenke, „Welcome to the NHK“ ist als Light Novel noch nicht auf Deutsch erschienen, also wenn das jemand verlegen möchte - ich denke, ich hätte meine Freude an dem Stil dieses äußerst talentierten Autors, und es ist nur ein Band. Auch an die „Moribito“-Reihe, auf deren erstem Band der Anime „Guardian of the Spirit“ basiert, würde ich mich gerne mal heranwagen, aber das ist keine Light Novel und insgesamt ein wenig anspruchsvoller. Außerdem ist Band 1 leider gar nicht so actionreich wie der Anime, was einige Fans abschrecken könnte …
SAO= Sword Art Online (Anmerkung des Verfassers)



Abschließende Gedanken

In diesem letzten Absatz dieses ziemlich interessanten Interviews möchte ich mich noch einmal bei Ekaterina für ihre Mühen und detailreichen Antworten bedanken. Ich hoffe sehr, Accel World wird auch in Deutschland seine Leser finden. Ich hoffe, ihr hattet beim Lesen auch eure Freude und habt einen kleinen Einblick in die Welt des Übersetzens erhalten. Ich hoffe, demnächst einen weiteren interessanten Gast aus der Welt der Übersetzungen zu finden, um diese Rubrik noch weiter zu füllen.

Und falls der Nikolaus, Osterhase oder ein Verlag dieses Interview lesen, ganz besonders "Frage 5": Bitte richtet doch die Veröffentlichung von "Welcome to the N.H.K. (Tatsuhiko Takimoto mit Zeichnungen von Yoshitoshi ABe)" irgendwie ein, eine fähige und motivierte Übersetzerin steht ja bereits zur Verfügung :D
Eine englische Übersetzung erschien damals bei Tokyopop US die unlängst nicht mehr gedruckt wird. Genau so gerne würde ich persönlich die "Moribito" Reihe gerne in Deutschland sehen, da ich bereits von dem Anime sehr angetan war.


Jukebox (Musik, die ich hörte, als ich diesen Beitrag verfasst habe): Kaerazaru Hibi von Joe Hisaishi


Samstag, 18. April 2015

Time Magazine nimmt Haruki Murakami in die Liste der 100 einflussreichsten Menschen auf

(Foto: Welt)



Am 16. April nahm das Time Magazine Haruki Murakami in seine Liste der 100 einflussreichsten Menschen auf. Der japanische Autor darf sich damit zu einer illustren Runde gesellen, in der sich der 66 jährige vielleicht etwas fremd vorkommen könnte, denn in dieser Liste befindet sich beispielsweise auch ein Kanye West samt Ehefrau. Von Autoren zu Politikern bis hin zu Musikern, Schauspielern und Regisseuren, vertreten ist jeder, der in unserer Modernen Popkultur an Einfluss besitzt. So ist es auch keine Überraschung, dass sich das Time Magazine auch schlussendlich Haruki Murakami angenommen hat.

Zu jedem Eintrag hat eine prominente Person noch einen Absatz verfasst, der die jeweilige Top 100 Persönlichkeit ehrt. Bei Haruki Murakami hat Yoko Ono diesen Absatz verfasst.
Lesen kann man diesen, sobald man den Link nach dem Doppelpunkt anklickt: Time 100

In Gedenken an Günter Grass (1927-2015)

Günter Grass: 16.10.1927 - 13.04.2015


Am Montag, den 13. April, ist Günter Grass im hohen Alter von 87 Jahren verstorben. Was bedeutet der Verlust für die deutsche Literatur? Besonders in den letzten Jahren machte Günter Grass mit eher skurrilen und kontroversen Aussagen auf sich aufmerksam. Der alternde Nobelpreisträger schien ein wenig seine hohe Reputation zu verspielen. Ein paar Tage nach seinem Tod scheinen aber auch seine Gegenspieler ihre Einigkeit mit ihm gefunden zu habe: Von der Bühne ist ein großer Autor gegangen, der 1999 gewiss nicht zu unrecht den Nobelpreis für Literatur erhalten hat.

Donnerstag, 9. April 2015

Einwurf: Können sich Light Novels in Deutschland endlich etablieren?

(Foto: Aufziehvogel)



Die Popularität von Light Novels ist in Japan auch weiterhin ungezähmt. Immer mehr Manga, Anime oder auch heimische Film Adaptionen basieren auf den beliebten Romanen, in denen meistens auch Illustrationen vorzufinden sind. Die Autoren der jeweiligen Werke arbeiten eng mit bekannten Manga-Künstlern zusammen. Die Illustrationen in den Büchern helfen natürlich ungemein, sich noch bessere in die Charaktere und das Szenario hineinzuversetzen zu können. Light Novels werden vermutlich nie einen Stellenwert in der großen Weltliteratur einnehmen, die Beliebtheit der größtenteils gut geschriebenen Novellen hat in Japan jedoch längst die angepeilte Zielgruppe überschritten.

Im Westen hat man sich mit den Light Novels bisher schwer getan. Das größte Problem: Kosten und Vermarktung. Die Übersetzung der Romane ist teuer, auch wenn diese nur selten 300 Seiten überschreiten. Das Problem liegt eher darin, viele beliebte Light Novel Reihen umfassen in Japan Bände, die in einem zweistelligen Bereich liegen. Sind die Kosten bereits ein Problem, ist das zweite Problem direkt die Vermarktung. Nicht jeder Manga Leser oder Fan von Anime ist gleichzeitig auch ein potentieller Kunde für eine Light Novel. Dies hat bereits die Vergangenheit bewiesen. Sowohl Tokyopop als auch Carlsen mit seinen Nippon Novels bemühten sich, einen neuen Trend neben den auch in Deutschland erfolgreichen Manga zu erschaffen. Der Ertrag hielt sich in Grenzen. Fantastische Serien wie Kinos Reise wurden bereits nach wenigen Bänden bei Tokyopop eingestellt. Bei Carlsen ist es sogar in diesem Bereich noch stiller geworden. Auf das Konto von Tokyopop gehen aber die äußerst erfolgreichen Veröffentlichung der beiden Death Note Romane "Another Note" und "L Change the World". Eine Anmerkung, die nicht klein geredet werden sollte.

Einige Jahre später will es der Hamburger-Verlag Tokyopop noch einmal wissen. Ziel, so scheint es, ist eine bessere Vermarktung. Simultane Veröffentlichungen. Nehmen wir Reki Kawaharas erfolgreiche Serie Sword Art Online als Beispiel. Während der Anime bereits beliebt ist, die Serie in Deutschland eine feste Fangemeinde hat, kann es unmöglich schaden, nicht nur den Manga zu uns bringen, sondern auch die Original Romanreihe. Die Ausführung des eigentlich sicheren Planes sieht dann aber anders aus. Bereits im Herbst 2014 sollte der erste Band von Sword Art Online erscheinen. Mehrfach musste Tokyopop diesen jedoch um einige Wochen verschieben, bis es sogar so weit kam, die Reihe auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Man muss vielleicht noch erwähnen, es sind nicht unbedingt wenige deutsche Leser, die sich auf Sword Art Online bei Tokyopop gefreut haben. Mittlerweile hat der Verlag im offiziellen Forum sich bereits ehrlich und sehr direkt zu den Verschiebungen geäußert. Der Grund? Erhebliche Probleme bei der komplizierten Übersetzung. Übersetzer 1 war sprang ab, Übersetzerin 2 hat den Stoff so detailliert umgesetzt, dass dieser in der deutschen Sprache anscheinend einfach nicht funktioniert. Nun sei man dabei, so Managing Director Jo Kaps, den Text lesbar und verständlich zu machen. Von vornherein muss man natürlich zugeben, einem so bekannten Verlag wie Tokyopop dürfte so etwas eigentlich nicht passieren. Das sich ein Übersetzer aber auch vielleicht mal maßlos überschätzt oder mit der Materie nicht vertraut ist, ist nicht unbedingt etwas, womit man zwangsläufig rechnen muss.
Allerdings kann man da nun nichts mehr dran ändern. Jo Kaps ist allerdings zuversichtlich: Sword Art Online wird bald erscheinen.

So ärgerlich solche Pannen sind, so peinlich verhält sich die Leserschaft. Ein Video von zwei Mitgliedern des Tokyopop Forums kursiert auf YouTube, die schlecht recherchiert der Marke "Fremdschämen" über dieses Thema berichten. Solchen Leuten möchte ich auf meinem Blog natürlich keine Showtime gewähren und somit ist es auch ausgeschlossen, dass ich besagtes Video jemals hier verlinken werde.




Da Reki Kawahara aber ein beschäftigter Mann ist, hat er neben Sword Art Online noch mehrere erfolgreiche Serien, an denen er aktuell arbeitet. Eine davon heißt Accel World und ist lose mit dem Sword Art Online Universum verknüpft. Bereits 17 Bände umfassen die Romane in Japan. Entstanden ist aus dem Light Novel ein Multimedia Franchise und so gibt es neben einem gleichnamigen Manga auch noch eine Anime TV-Serie, die 24 Episoden umfasst.

Tokypop besitzt auch die Lizenz für Accel World und veröffentlichte ohne weitere Zwischenfälle am 09. März 2015 Band 1 der Light Novel Reihe und Band 1 des Manga. Genau wie bei Hiroshi Sakurazakas "All You Need Is Kill" (verfilmt als "The Edge of Tomorrow" mit Tom Cruise) setzt Tokyopop auf eine simultane Veröffentlichung zwischen Novel und Manga, was sich bei All You Need Is Kill bereits ausgezeichnet hat.

Sobald Tokyopop auch endlich Sword Art Online etablieren kann, heißt es abwarten, wie sich die Serien in Deutschland machen. Ganz persönlich gönne ich Tokyopop den Erfolg, weil sie sich Mühe geben, zum zweiten mal einen Anlauf in diesem Sektor zu wagen. Ob sich eine neue Leserschaft finden wird, wird sich also zeigen. Nun ist Accel World seit genau einem Monat erhältlich, eine Prognose darf man hier natürlich noch nicht abgeben.

Im Juni erscheint mit Black Bullet die nächste Light-Novel Reihe bei Tokyopop, auf die ich mich sehr freue. Letztendlich kommt natürlich auch der Erfolg dieser Reihen den deutschen Lesern von Light Novels zugute. Bei aller Euphorie muss ich natürlich auch noch loswerden, ich wäre gerne etwas optimistischer was die Zukunft dieser Werke in Deutschland angeht.

Wer sich einen kleinen Überblick über aktuelle und kommende Veröffentlichungen über Light Novels bei Tokyopop machen will, der kann ihre offizielle Seite besuchen, die ich zum Abschluss dieses Einwurfs hier verlinken werde.

Alle, die mal wieder mein ausgiebiges Selbstgespräch verinnerlicht haben, habt ein schönes (kommendes) Wochenende, genießt das gute Wetter oder, noch viel besser: Verbringt eure wertvolle Zeit vor dem Fernseher, denn in wenigen Minuten wird das Masters aus Augusta übertragen, was ich mir bestimmt bei 1 oder 2 Gläsern Wein das komplette Wochenende zu Gemüte führen werde ;D

Bis bald,
Euer Aufziehvogel


Light Novels bei Tokyopop (Übersicht und Leseproben)Link zur offiziellen Website


P.S.

Viele Leser meines Blogs wissen es schon, aber wenn ich hier einen Link zum Verlag anhefte, tue ich dies selbstverständlich freiwillig und werde weder von dem Verlag gefördert, noch mit einem Abo auf Lebzeiten für alle neuen Veröffentlichungen entlohnt ;)
Es besteht sogar die ultimative Möglichkeit, dass Tokyopop niemals von der Existenz dieses Eintrages erfahren wird. Es sei denn, man sieht "Am Meer ist es wärmer" als den einzigen und bekanntesten Blog im Web an, was natürlich nicht auszuschließen ist.

Mittwoch, 1. April 2015

Rezension: Das Voynich Manuskript






Das Voynich Manuskript
Herausgeber: Wilfrid Michael Voynich, Yale University (Beinecke Rare Books & Manuscript Library)
Erscheinungsjahr: Unbekannt
Verfasser: Unbekannt
Sprache: Unbekannt
Übersetzung: Keine Übersetzung
Genre: Botanik, Körperpflege





Vor circa einer Woche befand sich ein seltsames Rezensionsexemplar in meinem Briefkasten. Der Absender war nirgends zu finden, genau so wenig befand sich im Paket ein Kärtchen mit einem Ansprechpartner. Lediglich der Name meines Blogs befand sich auf der Vorderseite des Rezensionsexemplares aufgeklebt. Fein säuberlich von Hand geschrieben.

Was also tun mit einem Dokument, dessen Handschrift ich nicht entziffern kann und zusätzlich noch bestückt ist mut surrealen Zeichnungen? Glücklicherweise bin ich nicht weltfremd und habe Freunde aus den unterschiedlichsten Branchen. Nach mehrmaligem durchblättern kam ich zum Entschluss, hierbei könnte es sich um ein Werk der Kräuterheilkunde handeln! Dies verrieten mir zumindest die wirren Zeichnungen von Pflanzen, die ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen habe. Ich rief also meinen Kumpel Gregor an, der als erfahrener Botaniker schon weit in der Welt herum gekommen ist. Ich erzählte Gregor also von diesem seltsamen Rezensionsexemplar. Als ich meine Erzählung und Vermutung beendete, hörte ich auf der anderen Seite bereits Hohn und Spott. Wie ich denn noch nie etwas von dem Voynich Manuskript gehört haben konnte, fragte mich Gregor und ob ich mich auf meinem Blog mit Literatur oder Schmink-Tipps befasse. Einige herablassende Sprüche später, erklärte mir Gregor die Bedeutung dieses eigenartigen Manuskriptes. So musste Gregor für seine Abschlussprüfung in Botanik aus dem Voynich Manuskript zitieren und eine umfangreiche Arbeit über die antiken Schriften verfassen. Ich staunte nicht schlecht, besonders, als er mir berichtete, alle angehenden Botaniker müssten das Voynich Manuskript als eine art Bibel ihrer Zunft ansehen.

Mehrere Geschichtsstunden später hatte ich genug recherchiert. Der polnische Buchhändler Wilfrid Michael Voynich, der gleichzeitig auch noch Sammler antiker Schriften war, fand das unbekannte Manuskript (circa 1912) eher zufällig. Sein ganzes Leben verbrachte er damit, die Schriften zu entziffern oder sie zumindest einem Autor zuzuordnen. Voynich blieb bis an sein Lebensende erfolglos. Bis heute kann die im Voynich Manuskript präsentierte Sprache keiner gebräuchlichen oder ausgestorbenen Sprache zugeordnet werden. Experten aus aller Welt sind am Manuskript gescheitert. Handelt es sich also um eine Geheimsprache? Wurde das Manuskript vielleicht sogar von Außerirdischen verfasst und sind die Abbildungen im Buch unser Weg ins Paradies? Nach vielen schlaflosen Nächten bin ich auf ein interessantes Fazit gekommen.

Die nahezu perfekte symmetrische Handschrift im Buch machte es mir leichter als angenommen, mich in die vermeintliche Handlung des Manuskripts einzufinden. Anhand der Zeichnungen konnte ich auch relativ zügig die Darstellungen interpretieren. Anhand der antiken (und gleichfalls mysteriösen) Tierkreiszeichen, die das Ende des Manuskripts füllen, kam ich zu folgender Schlussfolgerung: Das Voynich Manuskript ist lediglich auf den ersten Seiten der Botanik gewidmet. Alles, was danach folgt, ist eine ausführliche Gebrauchsanweisung, wie man sich vernünftig badet. Auf den ersten Seiten wird detailreich beschrieben, aus welchen Pflanzen man die wohltuendsten Aufgüsse und Bäder erschaffen kann. Zu unserer eigenen Schande existiert keine der dort dargestellten Pflanzen mehr. Doch dank der Illustrationen und Tierkreiszeichen kann man zumindest noch einen Teil des Manuskripts in die Tat umsetzen. Viele der im Manuskript abgebildeten Sternzeichen existieren in unserer heutigen Zeit nicht mehr, alle bekannten Sternzeichen sind aber dennoch vertreten. Mal als Beispiel: Ich bin Steinbock. Das Voynich Manuskript erklärt mir beinahe schon peinlich genau, wie und wann ich mich als Steinbock zu baden habe. Wie lange, wie gründlich und mit welcher Bekleidung ich es tun muss. Insgesamt kommt der Steinbock auf 3 Vollbäder im Jahr, von denen ich einmal komplett nackt das Bad betreten darf.
Es wird noch ein Update von mir zu dieser Rezension geben, ob diese Praktiken auch tatsächlich ihren Zweck erfüllen (erst einmal müsste ich erfahren, welchen Zweck sie überhaupt erfüllen).

Eine schwere Zugänglichkeit ist dem Manuskript aber wahrlich nicht zu leugnen, was das Lese-Vergnügen immer wieder trübte.


Resümee

Das Voynich Manuskript ist keine leichte Kost. Die bereits erwähnte schwere Zugänglichkeit hinderte ein flüssiges Vorankommen. Dennoch habe ich meine Zeit mit dieser antiken Schrift nicht bereut. Die dargestellten Techniken im Manuskript zum anständigen Baden halte ich für ziemlich sinnvoll. Ob das Manuskript aber tatsächlich unverzichtbar für die Menschheit ist, diese Frage kann und will ich auch gar nicht beantworten.

Wer sich mit Botanik auskennt, wird eine noch größere Freude an diesem Werk haben. Alle Laien (wie auch ich) müssen sich mit dem Voynich Manuskript erst einmal anfreunden, bevor sie vielleicht einen Nutzen aus diesen Schriften ziehen können.

Einwurf: Gilt man jetzt eigentlich als uncool, wenn man Nolans Filme feiert?



Regisseur, Autor, Produzent. Christopher Nolan ist einer der letzten Architekten Hollywoods. Ein Filmemacher alter Schule. von seiner Präsenz her zurückhaltend, ja, beinahe schon kühl und unnahbar. Aber es sind diese Eigenschaften, die Nolans Faszination ausmachen. Genau wie Ridley Scott und Stanley Kubrick in ihren besten Zeiten, so erfindet sich auch Nolan immer wieder neu.
Die Statistiken und der Renommee sind deutlich: Nolan ist nicht nur einer der kommerziell erfolgreichsten Regisseure seit der Jahrtausendwende (darunter befinden sich leider auch weniger illustre Namen), er genießt auch bei Kritikern und Filmfans gleichermaßen ein hohes Ansehen.

Nolan ist nicht nur bekannt dafür, den dunklen Rächer aus der Klamauk-Kiste befreit zu haben, in die er von Joel Schumacher gesteckt wurde, Nolan ist auch bekannt dafür, das PG-13 Genre revolutioniert zu haben. Spätestens seit Batman Begins funktionierte die Nolan-Formel. Düster und ernst sind seine Filme und sprechen dabei überraschenderweise auch noch ein riesiges Publikum an.

Lange musste ich mir für diesen Einwurf eine Überschrift ausdenken. Ich wollte sie ein wenig überzeichnen und fragte mich selbst, mit einem Schmunzeln auf den Lippen, gilt man jetzt eigentlich als uncool, wenn man Nolans Filme feiert? Pünktlich zum Heimkino-Release von Interstellar (Rezension wird auch zeitnah hier erscheinen) stelle ich mir diese Frage. Denn wofür Christopher Nolan vor wenigen Jahren noch gefeiert wurde, scheint in der heutigen Zeit sein Verhängnis zu werden. Gleichermaßen von Regie-Kollegen und Filmfans hagelt es Kritik. Landsmann sowie Kick-Ass und X-Men: First Class Regisseur Matthew Vaughn wirft Nolans Filmkunst vor, zu pessimistisch zu sein in einer Zeit, wo die Menschen unterhalten werden wollen. Die Aussage hielt Interstellar nicht davon ab, ebenfalls in die Top 250 Liste der IMDb einzusteigen, in der Nolans Filme nun ganze 7 mal vorzufinden sind. Und auch Online ist es unbehaglich geworden, wenn man sich für Nolans Filme ausspricht. Bekennt man sich zu Nolan, wird man vom gemeinen Pöbel häufig als ignorant und exzentrisch betitelt die keinerlei Kritik an ihren geliebten Regisseur zulassen. Ja, vom Papier her scheint meiner Überschrift tatsächlich etwas wahrhaftiges anzuhaften.

Allerdings dürfte mein Einwurf wesentlich dramatischer klingen, als er es letztendlich ist. Meine persönliche Meinung ist, ja, es ist schade wenn man sich in Foren mittlerweile rechtfertigen muss, wieso man Nolans Filme gerne sieht. Solch ein überraschender Erfolg bringt mit der Zeit natürlich Neider mit sich. Und dennoch stelle ich mir die Frage: Wieso feiere ich Nolans Filme? Für mich ganz einfach zu erklären. Christopher Nolan hat Kino verstanden. Er weiß, wie Blockbuster-Kino funktioniert. An seinen Filmen haftet ein Glanz, der den meisten Modernen Big Budget Produktionen völlig abhanden gekommen ist. Dies ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass ich automatisch jeden Film von Nolan in den Cineasten-Himmel hieve. Wenn ein Matthew Vaughn einem Christopher Nolan vorwirft, zu pessimistisch zu sein, ist das natürlich sein gutes Recht. Aus dem ganz einfachen Grund, weil Vaughn sich unlängst als Filmemacher bewiesen hat und seine Kritik sehr wohl mit der Welt teilen darf, wie es ihm beliebt, da er aufgeblasenen Trash-talk aufgrund seiner Erfolge nicht nötig hat. Die Kontroverse liegt eher darin, ob man seiner Aussage auch zustimmt und wer hier vielleicht etwas zu viel hineininterpretiert.

The Dark Knight Rises katapultierte Batman für mich in eher düstere Gefilde zurück (qualitativ gesehen). Ein schwacher, unspektakulärer Abschluss einer Erfolgsgeschichte. An The Dark Knight Rises kann man sehr gut erkennen, wie müde Nolan gewesen sein muss, als er diesen Film drehte. Für ihn war der Film mehr eine Auftragsarbeit als wirkliche Passion (er schuldete Warner 3 Batman Filme). Und dies sieht man dem Film auch leider sehr häufig an. Handwerklich hebt sich The Dark Knight Rises natürlich noch immer von Bays oder Emmerichs (oder wie sie alle heißen mögen) Œuvre ab.

Wenn Filme wie Inception oder Interstellar bei den Oscars aber so sträflich ignoriert werden, kann man dies eigentlich schon als kriminell bezeichnen. Die Frage muss nicht gestellt werden, ob Nolan reif für den Oscar ist. Er ist sogar längst überfällig dafür. Genau wie bei Scorsese (der lediglich ausgezeichnet wurde, weil der Academy endgültig die Argumente ausgingen) oder aber auch DiCaprio glaube ich, wird Nolan auch in absehbarer Zeit nicht für die Auszeichnung berücksichtigt werden. Die Debatte, ob Nolans Filmkunst also der Meilenstein des Blockbuster Genre ist, oder aber aufgeblasener Humbug, wird noch genau so lange andauern wie die Wartezeit auf den Oscar (auf den jeder Filmemacher mittlerweile genau so gut auch verzichten kann).

Alle Filmfreunde, die solche Diskussionen jedoch unberührt lassen: Ihr seid die Gewinner!