Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Rezension: Ghost in the Shell - Solid State Society


 


Japan 2006

Stand Alone Complex: Ghost in the Shell - Solid State Society
Originaltitel: Koukaku Kidoutai Stand Alone Complex: Solid State Society
Idee/Manga: Shirow Masamune
Regie: Kenji Kamiyama
Musik: Yoko Kanno
Studio: Production I.G
Sprecher: Akio Otsuka, Atsuko Tanaka, Kouichi Yamadera, Osamu Saka, Yutaka Nakano
Lauflänge: 108 Minuten
Genre: Science-Fiction, Cyberpunk, Mystery
Verleih: Manga Entertainment
FSK: Ungeprüft/BBFC: 15



Trailer



Im Jahr 1995 erschuf der japanische Filmemacher Mamoru Oshii eine Adaption zu einem Manga eines gewissen Shirow Masamune. Das Originalwerk umfasste gerade einmal 2 Sammelbände und war weder äußerst hübsch gezeichnet, noch leicht zu verstehen. Vollgepackt mit philosophischen Sprüchen und viel Science-Fiction, machte Regisseur Oshii aus jener Vorlage (aber mit der Hilfe von Mangaka Masamune) sein ganz eigenes Werk. In einer Ära, als Cyberpunk absolut angesagt war, traf der Anime-Stil den Geschmack des Publikums im Westen. Selbst ein James Cameron war von Ghost in the Shell maßlos begeistert. Auch die Fortsetzung, Innocence, aus dem Jahr 2004 stieß auf viel Lob und Anerkennung und Ghost in the Shell etablierte sich zu einem lukrativen Franchise. Allerdings lieferte Oshii auch immer nur ein Konstrukt ab. Spielfilme mit einem mysteriösen Plot und wunderschönen Bildern, die Charaktere blieben dabei aber doch meistens so künstlich wie ihr Cyberkörper.
Als das Studio Production I.G aber eine TV-Serie im Ghost in the Shell Universum plante, war es 2002 der damals noch unerfahrene junge Filmemacher Kenji Kamiyama, der mit seinen Drehbüchern und kreativen Ideen das Franchise zum Kult machte, und ihr eine riesige Fanbase bescherte.

Das alternative Stand Alone Complex Universum kommt bei 2 Staffeln auf 52 Episoden, 2 Staffel-Zusammenfassungen und eine OVA in Spielfilmlänge. Seit Jahren fordern Fans eine dritte Staffel oder eine weitere OVA, Production I.G entschied sich mittlerweile aber dagegen und, zur Verwunderung der meisten Fans, gaben sie bekannt, dass mit Ghost in the Shell: Arise ein Reboot des Franchise ansteht. Geplant sind 4 OVA's (von denen bereits eine erschienen ist) mit einer Laufzeit von weniger als 60 Minuten pro Film. Die Filme legen ihren Fokus mehr auf Action und sollen gleichzeitig ein neues Publikum ansprechen.

Doch gehen wir zurück ins Jahr 2006. Nach der erfolgreichen Beendigung der zweiten Stand Alone Complex Staffel (2nd GIG) bewilligte Production I.G dem eingespielten Team um Kenji Kamiyama eine äußerst kostspielige OVA (ein Budget von knapp 3 Millionen Euro) zu Stand Alone Complex. Diese trägt den Titel Solid State Society. Konzipiert wurde die OVA dabei nicht unbedingt als das Ende der Stand Alone Complex Story. Man machte sich vor allem durch das Ende des Films Platz für etwas mehr Spielraum, und die Verantwortlichen wollten die Entscheidung über eine Fortsetzung des Universums eher in Zukunft diskutieren. Die Entscheidung dürfte getroffen sein, und somit ist Solid State Society tatsächlich das Ende der Stand Alone Complex Story. Und noch einmal hat es Sektion 9 krachen lassen.

Wenn man auf den Inhalt schaut, und in der Inhaltsangabe den Namen Puppeteer sieht, könnte man meinen, Solid State Society sei ein Remake oder eine Neuinterpretation des Original Ghost in the Shell aus dem Jahre 1995. Bis auf einen ähnlichen Namen der Gegenspieler (Puppetmaster heißt er im Film von 95), haben die Filme aber nichts miteinander zu tun. Solid State Society ist eine direkte Fortsetzung der zweiten Staffel, die rund 2 Jahre nach deren Ereignisse spielt. Major Motoko Kusanagi hat Sektion 9 verlassen und vieles hat sich bei den Profis geändert. Togousa übernahm den Posten des Majors, musste dafür aber Veränderungen an seinem Körper vornehmen um das Pensum erfüllen zu können. Batou macht der seltsame Abgang des Majors zu schaffen und kapselte sich von den anderen ab. Chief Aramaki gibt sich resigniert und denkt an eine Auflösung der gesamten Abteilung nach. Und auch von Batous geliebten Tachikoma fehlt jede Spur. Die Gesellschaft ist nach den Ereignissen aus der zweiten Staffel auch noch recht angeschlagen. Die Anzahl an Neugeborenen gingen zurück, und Kinder sowie Pflegefälle kosten dem Staat Unsummen. Läuft es bei Sektion 9 bereits ohne die Genialität des Majors nicht wirklich gut, finden nun auch noch am laufenden Bande mysteriöse Selbstmorde statt, und eine Gestalt namens Puppeeteer wird dafür verantwortlich gemacht. Und alle beteiligten sprechen ständig von einer sogenannten Solid State Society. Selbst der Major gerät dabei unter Verdacht, hinter dem mysteriösen Terrorist namens Puppeteer zu stecken.


Der Grundton von Solid State Society kommt wesentlich düsterer rüber als noch in der Serie. Die Charaktere benehmen sich reifer, haben sich äußerlich sogar verändert. Der Humor, den es des öfteren in der Serie gab (meistens ausgeführt von Batou oder den Tachikoma), wurde regelrecht auf Eis gelegt. Im Hauptfokus steht eine mysteriöse Story, bei der, wie auch schon in der Serie, der Sinn dahinter erst nicht so ganz klar wird. Der Kern der Serie, der wurde jedoch beibehalten. Die Macher haben sich einen Arc aufgebaut, wie sie es in der großen TV-Serie mit dem Laughing Man und der Individual Eleven getan haben. Das alles diesmal jedoch verpackt auf Spielfilm-Format. Und das ist Kenji Kamiya, der hier für Drehbuch und Regie verantwortlich war, extrem gut gelungen. Es gibt kaum Abstriche in Sachen Story oder Charaktere. Verzichtet wurde, und das ist keine große Überraschung, auf Nebenplots die dem Hauptplot die Show stehlen könnten, oder aber einfach unbrauchbar für einen Film sind. Man konzentriert sich auf die wesentlichen Ereignisse, und das funktioniert in Solid State Society einfach super.

Für die Musik war erneut die meisterhafte Yoko Kanno verantwortlich. Und wie auch schon in der TV-Serie steuert die Band Origa den Titelsong dazu. Die Synchronsprecher, allen voran Akio Otsuka (der japanische Synchronsprecher von Solid Snake und Big Boss in Metal Gear Solid) als Batou und Atsuoko Tanaka als Major Motoko Kusanagi liefern hier eine gewohnt professionelle Performance ab. Schade ist lediglich, dass es keine deutsche Lizenzierung für Solid State Society gab und eine deutsche Synchronisation somit wegfiel. Die Stargate Synchonisation von Panini ist immer noch mein Favorit, und eine der ganz wenigen Dubs, die ich dem japanischen Original vorziehe. Die fehlende Lizenzierung rührt übrigens daher, dass Panini Anime vom Pleitegeier zerrupft wurde.

Die britische BluRay kommt gleich in doppelter Ausführung daher, und beinhaltet neben der anständigen BluRay Restaurierung (soweit ich weiß gab es kein Original HD-Master) auch gleich noch einmal den Film auf DVD. Das ebenfalls recht interessante Bonusmaterial beläuft sich auf über 100 Minuten. Neben der japanischen Originalsprache befindet sich auch noch ein englischer Dub auf den Discs. Freunde von Imports können die BluRay bereits für circa 10 Euro (ohne mitgerechnete Versandkosten) bei Amazon.de bestellen. Der Verlust einer deutschen Version ist aber eindeutig sehr schade.


Resümee

Solid State Society ist ein mehr als gelungener Abschluss des Stand Alone Complex Universums. Die Charaktere sind bestens ausgearbeitet, und die Story lässt noch einiges an Spielraum für Interpretationen. Die Animationen glänzen besonders nun auch auf BluRay in hoher Qualität. Für den Soundtrack gilt natürlich das gleiche. 
Das Production I.G sich für ein Reboot mit einem komplett neuen Team entschieden hat, und gegen eine Fortsetzung, ist letztendlich dem aktuellen Trend gegenüber Reboots zu verdanken. Aber das sollte für die Fans der beiden Stand Alone Complex Staffeln erst recht ein Grund sein, den Abschluss der Geschichte zu sehen. Deutsche Fans müssen leider in die Röhre schauen, sollte ein Import für sie nicht in Frage kommen. Es wäre zu wünschen, wenn sich irgendwann noch einmal ein deutscher Verleih dem Film annehmen würde.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen