Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Dienstag, 30. Juli 2013

Rezension: Incarceron (Catherine Fisher)




Großbritannien 2007

Incarceron
Autorin: Catherine Fisher
Erscheinungsjahr: 2007 (Großbritannien), 2013 auf Deutsch beim Penhaligon Verlag
Übersetzung: Marianne Schmidt
Genre: Fantasy


">>Wo sind die Anführer?<< fragte Sapphique.
>>In ihren Festungen<<, erwiderte der Schwan.
>>Und die Dichter?<<
>>Verloren in ihren Träumen von anderen Welten.<<
>>Und die Handwerker?<<
>>Schmieden Maschinen, um die Dunkelheit herauszufordern.<<
>>Und die Weisen, die die Welt geschaffen haben?<<
Der Schwan senkte traurig seinen schwarzen Kopf.
>>Sie sind nur noch alte Weiber und Zauberer, die sich in Türmen verstecken.<<
SAPPHIQUE, IM KÖNIGREICH DER VÖGEL"



Normalerweise sind meine Rezensions-Zitate aus dem besprochenem Buch meistens recht ausschweifend. Bei Incarceron war das aber mal ganz anders. Autorin Catherine Fisher schafft es nämlich mit wohl bedachten, schön gewählten Worten, den Leser (ganz gleich welchen Alters) in den Bann zu ziehen.

Bei Incarceron könnte man nun meinen, seit Suzanne Collins Band 1 der Panem Trilogie 2008 veröffentlichte, wollen einige Autoren auf dem Jugendroman Zug aufspringen, der, ungelogen, die verschiedensten Altersgruppen derweil fasziniert. Doch falsch gedacht, Incarceron erschien bereits 2007 und könnte praktisch der Vorreiter zu The hunger Games sein. Ich muss eigentlich auch gar nicht weiter erwähnen, dass die Romane sich nur in wenigen Aspekten ähneln. Der Fakt ist aber, konzipiert sind beide Romane als Jugendroman, und das Collins maßgeblichen Erfolg an diesem Trend trägt, ist auch kein Geheimnis. Denn vermutlich nur so gelang es Catherine Fishers Incarceron, in den USA auf die Bestsellerliste der New York Times zu klettern, und das einige Jahre nach der Veröffentlichung in Großbritannien. Fishers Roman ist bereits jetzt weltweit bekannt, und da sich 20th Century Fox die Filmrechte gesichert hat, könnte Incarceron für die Britin noch extrem lukrativ werden. Und das völlig verdient. Wäre der Roman in Vergessenheit geraten, wäre es sehr schade um diesen Titel gewesen.

Die Geschichte dreht sich um das Gefängnis Incarceron. Gegen Incarceron wirkt vermutlich eine Strafanstalt aus den Vereinigten Staaten oder sogar Russland wie eine Jugendherberge. Das Gefängnis an sich ist praktisch ein eigener Staat. Ein furchtbarer Ort voller Verzweiflung und Elend. Ob Wälder oder sogar ein ganzer Ozean, Incarceron ist gigantisch. Einer seiner Insassen ist Finn, dem jegliche Erinnerungen an seine Vergangenheit fehlen. Doch gibt es auch noch eine Welt außerhalb von Incarceron. Das sogenannte Außerhalb. Eine Welt, die jegliche Art von Technologie ablehnt, aber von Computern überwacht wird. Claudia ist praktisch das Pendant zu Finn. Die Freiheit, in der sie lebt, ist nur augenscheinlich, denn, wie auch die Insassen in Incarceron, wird Claudia überwacht, von ihrem eigenen Vater. Als Finn und Claudia sich kennen lernen, wird ihnen eins schnell klar. Sie müssen aus jener Überwachung fliehen. Weit weg von dem grässlichen Gefängnis und dieser scheinheiligen Welt. Auf die beiden wartet jedoch ein Abenteuer, was ihnen alles abverlangen wird.

Seit Twilight wird gerne alles in die Twilight-Kiste geschmissen, was auch nur ansatzweise mit einem Jugendroman zu tun hat, wo ein Pärchen die Hauptrolle spielt. Mir gehen die Vergleiche, um ganz ehrlich zu sein, extrem auf die Nerven. Dabei bin ich persönlich nicht einmal jemand, der Twilight verurteilt (die Medien und Fans haben das Franchise immerhin das Image so dermaßen verschmutzt, so das sämtliche Klischees und Parodien das Geschehen beherrschen). Es sind lediglich die abstrusen Vergleiche. Leider müssen schon die Tribute von Panem mit diesen Vergleichen umgehen, was ich auch wieder recht schade finde. Das Taylor Lautner sich ausgerechnet für die Rolle des Finn aus Incarceron interessiert, macht die Klischee-Lage nicht unbedingt besser. Doch legen wir all diese grässlichen Klischees und Vergleiche mal ab, so legt uns Catherine Fisher hier eine ziemlich düstere, traurige wie auch spannende Geschichte auf unsere heimischen Schreibtische (oder wo auch immer ihr eure Bücher lest) ab. Catherine Fisher zeigt uns zweierlei Welten. Eine Dystopie, und eine Utopie. Beide Welten koexistieren in ihrem Universum. Als Leser wird einem aber recht schnell klar, es gibt eigentlich nur eine große Dystopie. Die Außenwelt ist nicht weniger bedrückend als das Gefängnis Incarceron und umgekehrt. Fisher lässt ihre Protagonisten durch die Hölle gehen, und lässt den Leser immer wieder daran teilhaben. Es ist der lockere, verständliche Schreibstil, der deinen einfachen Zugang zu der Geschichte erlaubt.

Bei knapp 500 Seiten verliert Fisher nicht den Faden. Die Welt, die sie beschreibt, ist für einen Jugendroman eher unglaublich komplex. Aber, wie ich bereits erwähnte, ist der Zugang zu den Charakteren und der Welt nicht schwer. Das macht Incarceron zu einem angenehmen Lesevergnügen. Auch die Auswahl an vielen interessanten Mitstreitern und Gegenspielern haben mir außerordentlich gut gefallen. Das sind genau diese tollen Aspekte, wo es mir wieder vor graut, sollte die Verfilmung dann realisiert werden.


Resümee

Incarceron ist für mich bereits jetzt eine Überraschung. Zwar stammt die originale Veröffentlichung aus dem Jahr 2007, aber, wie in vielen Landen, gewann der Roman hier, in der deutschen Fassung, ebenfalls erst jetzt an Aufmerksamkeit.

Die Geschichte um Incarceron ist geheimnisvoll und spannend geschrieben, und etliche Überraschungen warten auf die Leser. Es betrübt mich etwas das 20th Century Fox die Verfilmung übernehmen wird. Ein Verein, der es praktisch nur noch aufgrund von schlechten Entscheidungen und genau so schlechten Fortsetzungen in die Medien schafft. Ich kann mir ein Mitspracherecht (falls es dann sowas überhaupt gibt) der Autorin nur wünschen.

Eine Fortsetzung mit dem Titel Sapphique (Incarceron Leser werden natürlich wissen um welche Person es geht) ist übrigens bereits 2008 in Großbritannien erschienen. Bei vorhandenem Erfolg des Originals wird diese vermutlich ebenfalls den Weg in die deutsche Sprache finden.

Was Incarceron jedoch angeht, da kann ich zufriedener gar nicht sein. So muss sich Fantasy lesen. Spannend und ohne Kitsch.


Sonntag, 7. Juli 2013

Rezension: Evil Dead (2013 Remake)



USA 2013

Evil Dead
Regie: Fede Alvarez
Darsteller: Jane Levy, Shiloh Fernandez, Lou Taylor Pucci, Jessica Lucas, Elizabeth Blackmore
Lauflänge: Circa 91 Minuten
Genre: Horror
FSK: 18
Verleih: Sony Pictures


Trailer (ohne explizite Szenen und Spoiler)






Über 25 Millionen spielte das Evil Dead Remake am Eröffnungswochenende in den amerikanischen Kinos ein. Damit ist Evil Dead zumindest von den Einspielergebnissen her einer der erfolgreichsten R-Rated Filme der letzten Zeit (R-Rating entspricht meistens der deutschen FSK 16 oder FSK 18 Freigabe). Auch weltweit können die Einspielergebnisse die Produzenten (darunter Sam Raimi und Bruce Campbell) ziemlich zufriedenstellen, was das Spielfilmdebüt des noch jungen Regisseurs Fede Alvarez angeht. Bei solch einer üppigen Promotion (inklusive den berüchtigten Red Band Trailern) musste ein kommerzieller Kinoerfolg auch das Ziel sein. Beim Heimkino Release wird der Film sogar noch einmal zulegen können.

Was die Red Band Trailer angeht, also jene Trailer, die mit einer festen Altersfreigabe versehen sind, bleibe ich weiter skeptisch. Bereits bei Hostel aus dem Jahre 2005 wurden alle nennenswerte Szenen bereits im Trailer verpackt und der eigentliche Film verlor dadurch noch wesentlich mehr an Bedeutung, als es ohnehin schon der Fall ist. Bei Evil Dead ist das nicht unbedingt anders. Weshalb ich nur abraten kann, die beiden Red Band Trailer zu sehen. Zwar nimmt das Spoilern der pikanten Szenen nicht solche Ausmaße wie bei Hostel an, die Überraschung, wenn man die Szenen im Film dann sieht, dürfte aber verhältnismäßig gering ausfallen.

Zum Film muss man natürlich nicht mehr viel sagen. Remakes und Reboots sind angesagt, und darin reiht sich auch das Evil Dead Remake ein. Viel mehr ist es aber eine Neuinterpretation des Low Budget Klassikers aus dem Jahre 1981. Während Sam Raimi das Franchise immer mehr zur Horrorkomödie ausbaute, geht Fede Alvarez wieder zurück zum Horror. Persönlich konnte ich dem Original nie viel abgewinnen, war dafür aber umso mehr begeistert von Evil Dead 2. Das faszinierende an Evil Dead 2 ist, der Film ist praktisch ein humorvolles Remake des Originals, parodiert es teilweise, funktioniert aber wunderbar eigenständig. Auf Army of Darkness will ich hier nun nicht eingehen, da es ja nur noch indirekt etwas mit Evil Dead zu tun hat.

Im Evil Dead Remake steht erneut eine Gruppe an jungen Leuten im Fokus. Diesmal dient die Hütte im Wald nicht als Ferien-Wohlfühloase, sondern als Entzugskur für die Drogenabhängige Mia. Wer also Titten, Gras und Alkoholexzesse erwartet, der wird enttäuscht werden. Und ich kann mich nur dafür bedanken. Zwar verleiht Alvarez seinen Protagonisten keinen magischen neuen Anstrich, aber nerven tun sie auch nicht. Das fehlen von Ash (Bruce Campbell) kümmerte mich dabei übrigens wenig, da er erst in Evil Dead 2 zu dem Kultcharakter wurde, den jeder Evil Dead Fan liebt. Im Original war er so bodenständig wie die Protagonisten aus dem Remake.

Regisseur Fede Alvarez war überrascht und amüsiert zugleich, wie kleinlich und seltsam die MPAA (das amerikanische Pendant zur FSK) doch ist. Angepeilt wurde ein bereits hohes R-Rating, allerdings verwehrte die MPAA diese Freigabe mehrmals und erteilte das katastrophale NC-17 Rating (somit dürfte keiner unter 17, nicht einmal mit einer volljährigen Begleitperson, den Film sehen). Es mussten also einige Umschnitte gemacht werden. Laut Alvarez wird es eine obligatorische Unrated Fassung fürs Heimkino geben, jedoch sollen sich die Änderungen in Grenzen halten, da die Kinofassung wohl schon all die Härte an grafischen Szenen beinhalten würde. Und das tut die Kinofassung durchaus. Ist der Originalfilm Tanz der Teufel in Deutschland immer noch bundesweit beschlagnahmt, lässt das Remake das Original wie eine Kindersendung im Vormittagsprogramm erscheinen. Die deutsche Freigabe ist daher äußerst verwunderlich, spätestens bei der Heimkino Auswertung wird aber vermutlich der Index winken.

Auf Computereffekte wurde größtenteils verzichtet. Alle Splatter-Effekte bestehen fast ausschließlich aus Handarbeit. Und die kann sich sehen lassen. Der Ekelfaktor ist eindeutig da, und die Effekte sind tatsächlich beeindruckend. Es ist schade, dass Filmemacher nur noch so selten auf so etwas zurückgreifen.
Unterlegt wird die bedrückende Atmosphäre dabei mit einem stimmigen Soundtrack. Erschrecken tut man sich dafür nur äußerst selten.

Und trotz der nahezu perfekten Handarbeit in Sachen Effekte und Kamera, so konnte mich das Remake nur mäßig begeistern. Obwohl einiges an Potential da ist, fehlt dem Film etwas unverkennbares. Eine Handschrift. Auch der Grusel hält sich in Grenzen. Meistens sind die Geschehnisse, obwohl sie von der Original-Story abweichen, leider recht vorhersehbar und wenig überraschend. Das eigentliche Prunkstück, praktisch unverzichtbar für die Story, das Necronomicon, blieb relativ unbeachtet im Bezug auf die Geschehnisse. Auch das Ende bleibt mehr als fragwürdig. Lust auf eine Fortsetzung hat man mir dabei eher weniger gemacht. Der kaum nennenswerte Auftritt von Bruce Campbell am Ende des Abspanns ist recht unpassend gewählt, und passte nicht im geringsten zu der düsteren Grundstimmung des Remakes.


Resümee

Ein wenig verbaut sich Regisseur Fede Alvarez seine Möglichkeiten. Filmisch kann man ihm nichts vorwerfen, der Mann scheint was von seinem Handwerk zu verstehen. Inhaltlich ist das Evil Dead Remake leider aber nichts besonderes. Zwar ist es kurzweilig und ohne Längen, aber man verlässt durchaus recht unzufrieden das Kino. Da Campbell und Raimi nach dem Erfolg das Franchise weiter ausbauen wollen, vermutlich zusammen mit Fede Alvarez, wünsche ich mir einfach, was das inhaltliche angeht, für die kommenden Projekte mehr Kreativität. Wenn man daran arbeitet, könnten da einige ziemlich dreckige Filmchen auf uns warten. Das wäre dann wohl tatsächlich mal Groovy.

Für das Remake gilt: Kein Horror-Knaller der den mächtigen Worten auf dem Filmplakat gerecht wird, aber ein solides Splatterfilmchen mit brauchbaren Effekten.


Rezension: Zero Dark Thirty





USA 2012

Zero Dark Thirty
Regie: Kathryn Bigelow
Darsteller: Jessica Chastain, Jason Clarke, Reda Kateb, Harold Perrineau, James Gandolfini, Stephen Dillane
Lauflänge: Circa 157 Minuten
Genre: Drama
FSK: 16
Verleih: Universal


Trailer




Kaum ein Film räumte bei der Kritik im Jahre 2012 mehr Lob ab als Zero Dark Thirty (Ein Begriff aus dem Militär für 00:30). Aktuell besitzt der Film einen Metascore von 95 auf Metacritic, was ihn automatisch zu den erfolgreichsten Filmen der Kritik-Krake hinzuzählt. Die Professionellen Kritiken wirken beeindruckend, trügt der Schein aber nur, der User Score liegt gerade einmal bei einer 6,5 von 10 Punkten.

So viel zu den Zahlen (ich greife nur ungerne auf Metracritic zurück). Gewann Regisseurin Kathryn Bigelow 2009 noch 6 Oscars für ihr Kriegsdrama Tödliches Kommando (The Hurt Locker), und verwies damit ihren Ex-Mann James Cameron mit Avatar in die Schranken, konnte Zero Dark Thirty 2012 von den 5 Nominierungen gerade einmal einen Oscar abräumen. Und das lediglich in der Kategorie "Sound Editing".

Wieso polarisiert Zero Dark Thirty denn so? Na klar, Bigelow behandelt ein an sich schon kontroverses Thema. Die Dekade des Terrors endete in den USA genau 10 Jahre nach den Anschlägen auf das World Trade Centers mit der nicht minder umstrittenen Exekution Osama Bin Ladens in Abbottabad- Pakistan. In der Modernen Welt der Berichterstattung, konnten Menschen praktisch weltweit Live die Ereignisse verfolgen. Die Kontroverse bei Zero Dark Thirty liegt dann wohl aber weniger an der Rekonstruktion der Geschehnisse in Abbottabad, sondern viel mehr auf die Folterszenen. Im äußerst gelungenen Prolog bekommt man da einen Einblick, der, laut Bigelow, ziemlich authentisch sein soll (was vermutlich aber bereits jeder wusste). Doch gehen wir allen Kontroversen mal aus dem Weg und stellen uns die Frage: "Ist Zero Dark Thirty ein guter Film?" Nein! eher sollte ich Miss Bigelow einen Brief schreiben, und Fragen, ob man mir irgendwie diese knapp 3 Stunden wieder auf meine Lebensspanne gutschreiben kann. Da dies aber sehr unwahrscheinlich ist, sie jemals gutgeschrieben zu bekommen, spare ich mir lieber die Tinte.

Bigelows Vorgänger und Academy Überraschungshit Tödliches Kommando ließ mich bisher komplett unbeeindruckt. Bis Heute habe ich ihn nicht gesehen, und habe es auch in Zukunft nicht vor. Bei Zero Dark Thirty war das jedoch anders. Die komplette Materie rund um 9/11 interessiert mich sehr. Alleine im letzten Jahr habe ich eine menge interessante Dokus gesehen, die sich mit dem exakt gleichen Thema auseinandersetzten wie es Zero Dark Thirty tut. Dementsprechend wollte ich zumindest den Film im Heimkino nachholen. Der große Unterschied zu den Dokus ist jedoch, sie verdrehen keine Tatsachen oder bauen haarsträubende Szenarios auf. Das größte Problem, welches ich mit Zero Dark Thirty hatte, war, der Film ist einfach ziemlich unglaubwürdig. Das fängt beim Plot an, geht mit den Charakteren weiter, und endet mit einer brutalen Lauflänge von über 150 Minuten.
Bis der Film die Szenen zeigt, die im Trailer so sehr beworben werden, ist der Zuschauer entweder eingeschlafen, oder hat komplett den Faden verloren.

Zwar sagte Bigelow nie, der Film würde 1:1 die Tatsachen wiedergeben, aber das habe ich auch nie angezweifelt. Zero Dark Thirty ist letztendlich ein Film aus Hollywood. Aber das schlimme ist, hätte sie sich zumindest etwas an die Fakten gehalten, und auf ihre nervige Protagonistin Maya (Jessica Chastain) verzichtet, hätte auch über den bereits erwähnt gelungenen Prolog hinaus, ein interessanter Film entstehen können. Insgesamt dreht sich der Film nur um die, man kann sagen, 9/11 fanatische CIA-Mitarbeiterin Maya, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Bin Laden zur Strecke zu bringen (das nennen ich mal ein bescheiden ausgelegtes Ziel). Selten (nie) habe ich eine weibliche Protagonistin in einem Film gesehen, die unsympathischer oder überflüssiger war. Was nicht bedeutet, dass ich an sich gegen weibliche Protagonistinnen in Kriegsdramen bin. Beinahe wie alle anderen Rollen im Film, die auftauchen und wieder verschwinden, wurde die Rolle der Maya unglaublich schlecht geschrieben. Ich versuchte Sympathien zu finden oder einen Hauch von Mitgefühl. Leider fand ich nichts davon. Ob das nun einzig an der Rolle liegt, oder auch an Schauspielerin Jessica Chastain, vermag ich nicht einmal zu sagen.

Doch nicht nur an den Charakteren hapert es. Der Film schafft es nicht, eine plausible Story aufzubauen, die logisch zu den Ereignissen am Ende mit dem S.E.A.L. Team 6 führen. Zero Dark Thirty wird zu einer verwirrenden Odyssee, die, besonders gegen Ende, den Zuschauer mit vielen Fragezeichen zurücklässt. Obwohl zwischen manchen Abschnitten mehrere Jahre spielen, verhalten sich die Charaktere, als wären manche Ereignisse erst Vorgestern geschehen. Die wirren Sprünge durch die Zeit verändern zwar die Jahreszahl, alle Charaktere scheinen aber immer noch im Jahr 2001 zu leben. Ein Schauspieler wie James Gandolfini (hier in eine seiner letzten Rollen) wurde gnadenlos in einer kurzen Rolle als unfähiger CIA-Boss verheizt. Anstatt die Figuren im Film auszuarbeiten, hält man sich stattdessen rund 30 Minuten an einer seltsamen Verfolgungsjagd auf, deren Sinn und schließlich die Auflösung der Geschehnisse mir bis jetzt noch nicht klar geworden ist.

Und so zieht sich Zero Dark Thirty wie ein amerikanisches Kaugummi. Ein süßer Geschmack am Anfang, der jedoch schnell verschwindet. Immer, wenn man denkt, gleich würde der Film endlich sein wahres Potential entfalten (welches eindeutig vorhanden ist), verhindert der Plot ein weiteres vorankommen. So vermittelt der Film eher den Eindruck einer schlecht recherchierten Pseudo-Doku. Und wenn der arme Zuschauer sich bis zum Abspann gequält hat, und denkt, er würde am Ende zumindest noch Nothing Else Matters wie im Trailer hören, wird er ein letztes mal enttäuscht.


Resümee

Zero Dark Thirty fehlen nicht nur interessante Charaktere, es fehlen dem Film auch echte Helden. Wenn man schon auf der Stars and Stripes Patrioten Schiene fährt, dann darf man dem Zuschauer auch gerne eben solche Charaktere servieren. Die enge Mitarbeit mit dem CIA hat eher dafür gesorgt, dass die Agency jedem Zuschauer nun noch suspekter ist als vorher, und die Vorgehensweise der USA mehr als fragwürdig ist. All das wurde verpackt in ein schlechtes Drehbuch und einer Story, so aufgeplustert das es schwer ist, ihr komplett zu folgen.

Wer sich wirklich mit dem Thema auseinandersetzen will, der findet wesentlich authentischere Dokumentationen. Diese setzen sich dann auch nicht mit einer zickigen und mürrischen CIA-Agentin auseinander, sondern halten sich, so gut es halt möglich ist, an Fakten.

Und wer gut recherchiertes, aber auch noch schön in Szene gesetztes Polit-Kino sehen will, der darf entspannt zu Spielbergs München oder Edels Baader Meinhof Komplex greifen.

Nach einem gut in Szene gesetzten Prolog, geht es in Zero Dark Thirty weiter mit Belanglosigkeiten, die sich bis zum Finale erstrecken. Uninteressante wie unsympathische Charaktere vollenden das Machwerk und machen Zero Dark Thirty zu meiner bisherigen Heimkino-Gurke im Jahr 2013.