Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Sonntag, 18. September 2011

Surrealisten unter sich: Haruki Murakami inspiriert David Mitchell und Michael Weins


Ich war jahrelang auf der Suche nach Geschichten die sich so lesen wie die von Haruki Murakami. Teilweise fand ich sie in der japanischen Literatur an sich wieder. Sehr begeistert haben mich aus diesem Bereich Taichi Yamada und Yoko Ogawa. Auch Hiromi Kawakamis Roman Am Meer ist es wärmer  (ein einfach wunderbarer Titel der sich komplett von dem japanischen Originaltitel unterscheidet) hat mir sehr gut gefallen. Ich liebe offene Enden und Fragen nach der Existenz. Es ist ein Thema das mich zu meinne eigenen Erzählungen sehr inspiriert hat.

Jedoch habe ich mich immer gefragt ob es wohl auch europäische Schriftsteller gibt die inspiriert von Haruki Murakami und der japanischen Literatur sind. Ich bin aber nicht so gut informiert das ich die Fähigkeit besitze solche Perlen aus dem Wasser zu fischen. Daher gilt all mein Dank der Klappentexterin. Ohne ihre Empfehlungen würde ich weder David Mitchell, noch Michael Weins kennen.

 Der Brite und der Deutsche gesellen sich also zu dem Japaner. Und als Ausgangspunkt steht ein Roman:


Eines der bekanntesten Werke von Haruki Murakami inspirierte beide Autoren zu ihren Romanen. Mister Aufziehvogel (nicht ich) prägte sowohl Mitchells Number 9 Dream wie aber auch Weins neuster Roman Lazboy. Während Number 9 Dream eine direkte Hommage an Murakami Werke wie Naokos Lächeln und Mister Aufziehvogel ist, so hält sich Autor Michael Weins zurück seine Inspirationsquelle zu Lazyboy zu nennen. Die Parallelen zu Mister Aufziehvogel sind unverkennbar. Obwohl ich von Weins Vorgänger Delfinarium bisher nur eine Leseprobe verköstigt habe steht aber für mich eines fest: Weins muss mindestens einen Murakami gelesen habe. Solche Zufälle (bezogen auf den Stil) kann es kaum geben. Ein Ich-Erzähler im mittleren Alter sucht verzweifelt seinen Platz in der Gesellschaft und reitet sich, ohne das er es bemerkt, in eine völlig seltsame Geschichte rein. Er trifft geheimnisvolle Frauen und begegnet dem Übernatürlichem. In Lazyboy freundet sich sein gleichnamiger Protagonist sogar mit einem dreizehnjährigem Mädchen an. Der Aufziehvogel lässt grüßen.

Beide Autoren befassen sich mit einem ähnlichen Thema. Die Suche nach der Existenz, der Weg aus der Bedeutungslosigkeit, Einsamkeit, Liebe und die bekannte hauchdünne Grenze zwischen Traum und Realität.

Das solch ein unkonventioneller Stil auch Erfolg haben kann beweist David Mitchell. Mit einer Bibliographie von gerade einmal fünf Romanen zählt der Japanliebhaber mittlerweile zu den erfolgreichsten britischen Autoren der Gegenwart. Sein Roman Der Wolkenatlas (2004) wird aktuell für das Kino adaptiert und soll im Oktober 2012 die Säle Lichtspielhäuser füllen (und mit einem Budget von rund 100 Millionen Dollar nicht gerade ein Schnäppchen).

Bis zum Start von 1Q84 im Oktober möchte ich noch mindestens eines dieser beiden Romane lesen. Die Wahl wird wohl auf den nicht ganz so üppigen Lazyboy fallen.

Wer auf einer ähnlichen Suche ist wie ich, der wird bei den beiden Europäern wohl an der richtigen Adresse sein.


Number9Dream (David Mitchell)
Publikation: 2001 (Sceptre, Großbritannien), 2011 (Rowohlt, Deutschland)

Inhalt (Rowohlt):
Ein junger Mann kommt nach Tokio, um seinen Vater zu suchen, und landet stattdessen in einer berauschend verwirrenden virtuellen Realität, in einem Irrgarten voll rätselhafter Zeichen, wovon eines ein Song von John Lennon mit dem Titel «Number 9 Dream» ist … «Eine wahnsinnige Mischung aus Thriller, Tragödie, Fantasy und Videospiel sowie ein beun­ruhi­­gendes Panorama des modernen Tokio.

Lazyboy (Michael Weins)
Publikation: 2011 (Mairisch, Deutschland)

Inhalt (Mairisch)
Heiner Boie, genannt Lazyboy, geht durch Türen. Doch im Gegensatz zu anderen Leuten bringen sie ihn manchmal nicht in den angrenzenden Raum, sondern ganz woanders hin: Mal an ihm wohlbekannte Orte, mal an Plätze, die er nie zuvor gesehen hat. Zwar kann er das Ganze nicht kontrollieren und fühlt sich eher als Anti-Superheld, findet aber Gefallen an seinen Fähigkeiten.

Bis er bei einem Türensprung die 13-jährige Daphne kennenlernt, die das alles gar nicht beeindruckt: Sie hat in ihrem Keller selbst so eine Tür, die nicht das macht, was sie soll. Lazyboy geht hindurch - aber diesmal kommt er an einen Ort, wo er noch nie war. Und dort geht die Geschichte erst los.

Michael Weins erzählt in Lazyboy mit melancholischem Witz von einem, der erst spät bei sich ankommt - und der dazu eines Wunders bedarf, an das er selbst nicht glauben kann.

1 Kommentar:

  1. diese Tips waren äußerst aufschlussreich!!!
    Hast du inzwischen noch mehr Tips ähnlicher Autoren mit Romanen die immer einen Hauch des Surrealistischen tragen?
    Im übrigen ist David Lynch auch einer meiner Lieblingsregisseure!

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