Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Montag, 28. Februar 2011

Bald gehts weiter

Leider muss ich meinen Blog etwas unfreiwillig vernachlässigen. Demnächst geht es jedoch mit der Rezension zu Hiromi Kawakami's "Am Meer ist es wärmer" weiter.

Samstag, 12. Februar 2011

Kenzaburo Oe, Stolz der Toten: Ein modernes Märchen über die Abgründe der Gesellschaft



Die Oe Rezensionen 1

Autor: Kenzaburo Oe
Originaltitel: Shisha no ogori
Erscheinungsjahr: 1958 (Japan), 1969 (Deutschland), Fischer Verlag
Übersetzung: Margarete Donath, Itsuko Gelbrich
Genre: Drama, Gesellschaftskritik

Die nachfolgende Besprechung enthält Spoiler.

"Jetzt standen ein Professor und zwei Studenten am Seziertisch im Raum mit der alten Wanne. Als ich hinzutreten wollte, machte der Professor eine zurückweisende Geste. Sie standen an der Wanne und schauten auf den Operationstisch, auf dem die frische Leiche eines etwa zwölfjährigen Mädchens lag. Ihre Beine waren mir gegenüber breit geöffnet, und einer der Studenten injizierte dort nach Anweisung des Professors Farbstoff und Formalin, um das Blut zu konservieren. Als sich der Student, der sich vor der Leiche niedergekauert hatte, mit der Spritze in der Hand erhob, sah ich offen vor mir das Geschlecht des Mädchens, das bis dahin von dem weißbekittelten Rücken des Studenten bedeckt war. Es schien munter, taufrisch und voller Leben, durchaus gesund und kräftig. Ich fühlte mich davon angezogen und betrachtete es fast liebevoll. Es erregte mich." -Der Student

Zwei Studenten haben sich freiwillig dazu bereit erklärt einen recht bizarren Nebenjob anzunehmen. In der düsteren Pathologie einer Universitätsklinik müssen sie Leichen von einem Becken ins andere transportieren, damit diese auch weiterhin konserviert werden können. Nicht nur unter den Studenten herrscht eine angespannte Stimmung. Auch mit ihrem Arbeitgeber, einem raffgierigen Medizinprofessor scheint etwas nicht zu stimmen. Am Ende ihrer Arbeit erwartet die zwei Studenten nicht die Entlohnung für ihre Arbeit, sondern lediglich eine Erfahrung um die sie bereichert wurden. Wie unendlich tief die menschlichten Abgründe doch sein können.

Kenzaburo Oe's Werke sind kein leichter Stoff. Stolz der Toten ist nicht nur eine sehr düstere Geschichte, sie stammt auch einer düsteren Zeit. Sie wurde im Japan der Nachkriegszeit geschrieben. Verfasst hat Oe diese gerade mal 78 Seiten lange Erzählung mit 23 Jahren.

Wie so oft in Oe's Geschichten gibt es keine Helden. Alle drei Protagnoisten, der Student, die Studentin und der Medizinprofessor sind alle auf ihre eigene Weise verdorben. Ein Student der sich dabei ertappt wie ihn die Leiche eines minderjährigen Mädchens erregt, eine Studentin die sich durch diesen Job die Kosten für die Abtreibung ihres ungeborenen Kindes verdienen will, ein geldgieriger Medizinprofessor der auf Moral und Respekt vor den Toten völlig verzichtet.

Oe erzählt die Geschichte mit einer solchen Intensität das mir ständig ein Schauder über den Rücken lief. Er beschreibt den Umgang der Studenten mit den Toten so detailiert das sämtliche Horrorfilme dagegen ein echter Kindergeburtstag sind. Dabei wird Oe aber nicht einmal geschmacklos. Er bleibt sachlich und schreibt in einem wahrlich ruhigen und angenehmen Stil. Erzählt wird die Geschichte von dem jungen Studenten. Selbstverständlich in der Ich-Erzähler Form.
Als Leser bekommt man die düstere Grundstimmung förmlich zu spüren. Es ist als würde man direkt an den Geschehnissen teilhaben. Kaum zu glauben das Leichen zu Forschungszwecken und Übung für Medizienstudenten auch Heute noch auf eine solche Weise gelagert werden. Natürlich verwendet man nun zeitgenössische Methoden dafür. Vom Kern her hat sich jedoch nicht viel verändert.

Am Ende stellt sich heraus das die Arbeit der Studenten durch einen Fehler des arroganten Medizienprofessors völlig sinnlos war. Der Ausgang der Geschichte bleibt ungewiss.
Ich las Stolz der Toten während meiner Zeit als Zivildienstleistender. Auch wenn ich eine komplett andere Tätigkeit ausgeführt habe, habe ich meine eigene Situation oft mit dieser Geschichte verglichen. Ich machte mir Gedanken über den Sinn meiner Arbeit. Und mir wurde recht schnell klar das ich tatsächlich mit dem was ich tue, einen Zweck erfüllt habe. Ich wurde gebraucht. Ich arbeitete in einem Team wo jeder aufeinander angewiesen war. Praktisch das komplette Gegenteil von Oe's trostloser Vision. Doch während dieser Zeit musste ich feststellen, das ich vielleicht nicht weniger verdorben bin als die Protagonisten dieser Geschichte. Doch vermutlich trifft das auch auf 90% unserer Gesellschaft zu. Wir alle erwischen uns einmal dabei wie wir moralisch nicht wirklich korrekt handeln, oder den ein oder anderen verruchten Gedankengang hegen. Kenzaburo Oe macht uns dies auf eine wirklich beeindruckende Weise klar. Er durchleuchtet praktisch die menschliche Psyche. Wir leben in einem ständigen Kontext zwischen Gut und Böse. Wir selbst haben aber die Möglichkeit diese Stimmungen zu kontrollieren und ausgewogen damit umzugehen.

Kenzaburo Oe's Stolz der Toten ist eine faszinierende Kurzgeschichte die mich sehr zum nachdenken eingeladen hat. Auch Heute noch, 53 Jahre später, ist die Erzählung modern. Wer einen starken Magen besitzt sollte einen Blick wagen. Leichte Kost ist Stolz der Toten bestimmt nicht. Aber es ist eine außergewöhnliche literarische Erfahrung.



Wertung: Fünf Dante (Sehr gut)

Montag, 7. Februar 2011

Studio 4°C Special, 07.02: Genius Party Beyond (Deshalb mag ich frittiertes Eis)


Japan 2008
Regie: Mahiro Maeda, Kazuto Nakazawa, Shinya Ohira, Tatsuyuki Tanaka, Koji Morimoto
Sprecher: Arata Furuta, Akiko Suzuki, Shoko Takada, Urara Takano
Genre: Anime, Kurzfilm, Experimentell, Fantasy, Komödie, Science-Fiction, Cyberpunk, Drama, Action
Verleih: Rapid Eye Movies
FSK: 12




Die Ende 2008 entstandene Anthologie Genius Party Beyond ist die direkte Fortsetzung von Genius Party aus dem Jahr 2007. Doch was macht denn Studio 4°C? Bei Genius Party Beyond soll es sich um Kurzfilme handeln die es nicht mehr in die erste Anthologie geschafft haben. Resteverwertung? Ganz ung gar nicht! Studio 4°C legt sogar noch einen drauf. Denn schwere Geschütze der japanischen Animations-Kunst haben mitgewirkt. Mit Mahiro Maeda, Kazuto Nakazawa und Koji Morimoto hat man die Elite an Board. Sie Alle drei arbeeiteten damals an der Animatrix . Entstanden sind 5 Kurzfilme die es nicht nur mit dem bereits grandiosen Vorgänger aufnehmen können, sondern ihn auch noch in den Schatten stellen.

Erstmals habe ich Genius Party Beyond auf dem Animotion Filmfestival im Rahmen der Animagic 2009 gesehen. Die Beschreibung im Programmheft klang ungewöhnlich und ich freute mich schon sehr auf den Film. Leider habe ich mich etwas verspätet und sowohl Gala verpasst, als auch die Hälfte von Moondrive. Als ich mit einer Freundin den Kinosaal betreten habe, verließen bereits einige Zuschauer den Saal. Bis wir am Ende lediglich noch mit einer Handvoll Zuschauer im Kino saßen. Kein Werk für die Masse. Doch wir waren angetan von dem was wir gesehen haben, auch wenn wir es nicht ganz begriffen hatten. Nun habe ich endlich alle Episoden gesehen und bin noch viel begeisterter. Genius Party Beyond ist Zauberei. Keine billigen Tricks. Es ist pure Magie.

Genius Party Beyond: Die Kurzfilme


1. Gala
Regie: Mahiro Maeda


Mahiro Maeda gehört in Japan zu den modernen Visionären des anspruchsvollen Anime-Kino. Ob Regie, Charakter Designer oder Animator. Er macht alles. Er entwarf das Design zu zwei Engeln in Neon Genesis Evangelion . Er arbeitete Jahre im berühmten Studio Ghibli und erschuf mit dem Graf von Monte Christo
eine erfolgreiche Interpretation des Klassiker. Für die Animatrix führte er bei dem Segment The Second Renaissance Part 1 und 2 Regie. Bei der Anime-Sequenz in Quentin Tarantinos Kill Bill leitete er die Animationen.

Ein Mann der einiges vorzuweisen hat. Und er hält sich im Opener Gala keineswegs zurück. Er präsentiert uns im wahrsten Sinne des Wortes eine Gala. Und behandelt vielleicht eines der wichtigsten Themen überhaupt; Wie unverzichtbar Musik in unserem Leben ist. Maeda an sich schmeißt hier bereits eine Party. Gala beflügelt die Sinne und macht Stimmung. Und manchmal fühlt man sich tatsächlich als wäre man in einem Film von Hayao Miyazaki (Prinzessin Mononoke) gelandet. Aber dies ist auch kein wunder, gelernt hat er immerhin von dem großen Meister persönlich. Der Stil und die Animationen in Gala orientieren sich sogar ziemlich an moderne Klassiker wie Prinzessin Mononoke.

Das Ende fand ich verblüffend und ziemlich kreativ. Überhaupt stimmte in diesem kleinen Kunstwerk einfach alles. Mahiro Maeda liefert mit Gala einen sensationellen Opener ab. Könnte schwierig werden das zu übertreffen. Aber die Konkourrenz liegt auf der Lauer.

Wertung:




2. Moondrive
Regie: Kazuto Nakazawa




Kazuto Nakazawa ist der nächste Profi der eine Episode präsentiert. Er führte Regie bei der Anime-Sequenz in Quentin Tarantinos Kill Bill. Als Animator und Character-Designer lieferte er Arbeiten ab für Shinichiro Watanabe's Samurai Champloo, die Animatrix Episoden Kid's Story und A Detective Story. Desweiteren war er für die Animationen in dem Linkin Park Song Breaking the Habit verantwortlich.

Nakazawas Zeichenstil ist unvergleichlich. Die skizzenartigen Zeichnungen findet man in all seinen Werken wieder. So auch in Moondrive. Moondrive ist genau wie Deathtic 4 aus dem Vorgänger eine unglaublich skurrile und witzige Episode. Die Story (spielt anscheinend weit in der Zukunft) folgt 4 auf dem Mond lebende Chaoten die das ganz große Geld machen wollen in dem sie einer alten Schatzkarte folgen. Dabei verstricken sich die vier in immer größere Miseren bis sie es tatsächlich am Ende endlich an ihr Ziel schaffen. Der trockene Humor zündete bei mir immer. Moondrive ist ein irrwitziger Trip der leider viel zu schnell vorbei ist. Kazuto Nakazawa liefert hier aber trotzdem einen vorzüglichen Leckerbissen ab.

Wertung:




3. Wanwa the Doggy
Regie: Shinya Ohira


Wie zuvor bei Masaaki Yuasa's Happy Machine handelt auch Wanwa the Doggy von einem Baby das auf eine sehr surreale Reise durch sein Unterbewusstsein geht. Da wundert es natürlich nicht wieso es diese Episode nicht in die erste Anthologie geschafft hat. Zugegeben ist Wanwa the Doggy von allen fünf Episoden die schwächste, aber wohlgemerkt unter einer einfach makellosen Konkurrenz. Wanwa thee Doggy ist eine sehr liebesnwerte Episode mit einem erneut niedlichen Baby. Dieses sucht nämlich in einer Traumwelt seine Mutter.

Die Zeichnungen selbst sehen aus als wären sie von einem Kleinkind gezeichnet worden. Mir hat der Stil sehr gut gefallen. Auch insgesamt kann sich Shinya Ohira's kleiner, ungeschliffener Juwel gut in die Anthologie einfügen. Sein Beitrag hat mir nämlich wesentlich besser gefallen als der von Masaaki Yuasa aus Genius Party.

Wertung:




4. Toujin Kit
Regie: Tatsuyuki Tanaka




Toujin Kit ist ein Kurzfilm als würde sein düsteres Science-Fiction Szenario direkt aus dem Philip K. Dick Universum stammen. Mir hat das Setting so gut gefallen das ich es richtig schade finde das es nur ein so kurzes Vergnügen war.

Die Story, erst ziemlich zusammenhangslos, baut sich von Szene zu Szene auf. Eine Frau, völlig isoliert in ihrer kleinen Wohnung, fertigt Plüschtiere an. Nach ihrer neusten Kreation bekommt sie Besuch von einer Organisation. Ihr wird vorgeworfen das sie eine illegale Substanz in die Plüschfiguren unterbringt und diese dann unbemerkt an spezielle Interessenten verkauft.

Regisseur Tatsuyki Tanaka versteht einiges von seinem Handwerk. Er erschafft eine düstere Grundstimmung und lässt auch am Ende noch viele Fragen offen. Er gewährt uns einen Einblick in ein fremdes Universum wovon man gerne mehr sehen möchte. Als kompletter Kinofilm würde dieses Konzept sogar super funktionieren. Für diese sehr ungwöhnliche und spezielle Episode vergebe ich sogar die volle Punktzahl. Philip K. Dick kombiniert mit japanischer Animation. Einfach genial.

Wertung:




5. Dimension Bomb
Regie: Koji Morimoto




Koji Morimoto war bereits bei der ersten Anthologie von Studio 4°C dabei. Nämlich bei Katsuhiro Otomo's Memories. Morimoto lieferte das gefeierte Segment Magnetic Rose ab. Auch bei der Animatrix war er vertreten und führte Regie bei dem Segment Beyond. Ebenfalls fungierte er als Regisseur bei KEN ISHII's Musikvideo Extra.

Dimension Bomb leitet das große Finale der Familienfeier ein. Doch schafft Koji Morimoto mit seinem Beitrag das gleiche wie Shinichiro Watanabe mit Baby Blue im Vorgänger? Den besten Kurzfilm der Anthologie abzuliefern?
Und es ist unglaublich. Aber er hat es vollbracht. In satten 20 Minuten haut uns der alte Hase einen psychedelischen Cyberpunk-Trip um die Ohren das uns sämtliche Synapsen durchbrennen. Uns wird eine Flut an seltsamen Szenen beschert mit denen wir überhaupt nichts anzufangen wissen, aber absolut gebannt auf den Fernseher starren werden. Die Atmosphäre von Dimension Bomb wirkt exotisch und bedrohlich zugleich. Die flüssigen Animationen befinden sich auf allerhöchstem Niveau. Es macht beinahe den Anschein als würde man ein 20 minütiges Musikvideo schauen.

Hier wird dem Zuschauer einiges abverlangt. Nur absolute Hardcore-Fans werden diese Reise wohl antreten und auch beenden. Ich habe jede einzelne Minute genossen. Koji Morimoto krönt den Abschluss zweier einzigartiger Anthologien. Eyecandy würde diesem Werk nicht gerecht werden. Es ist ein unvergleichbares Erlebnis auf der Anime Ebene. Und damit ist Dimension Bomb der dritte Kurzfilm der Genius Party Reihe der von mir die Höchstwertung bekommt.

Wertung:




Sieger und Fazit:


1. Dimension Bomb (Koji Morimoto)
2. Toujin Kit (Tatsuyuki Tanaka)
3. Gala (Mahiro Maeda)


4. Moondrive (Kazuto Nakazawa)
5. Wanwa the Doggy (Shinya Ohira)



Gibt es im Vorgänger noch deutlich schwächere Episoden, kann man bei Genius Party Beyond jedoch zufrieden sagen das alle Beiträge auf einem sehr hohen Niveau sind. Mit Dimension Bomb lieferte Koji Morimoto ein exotische Vision ab die meinen Verstand regelrecht absorbiert hat. Sehr begeistert war ich auch von Tatsuyuki Tanaka's Toujin Kit und Mahiro Maeda's Gala. Dies soll aber nicht bedeuten das Kazuto Nakazawa's Moondrive und Shinya Ohara's Wanwa the Doggy schlecht sind. Die drei Sieger, könnte man sagen, waren einfach zu mächtig. Als Gesamtwerk macht sich Genius Party Beyond sogar noch viel besser als sein Vorgänger. Obwohl die Fortsetzung mit 77 Minuten die wesentlich kürzere Laufzeit hat, konnte sie mich qualitativ mehr überzeugen. Natürlich war aber auch bereits Genius Party klasse.

Das Special endet nun also. Ich hatte riesigen spaß das gesehene zu resümieren. Studio 4°C beweist mit allen drei vorgestellten Werken das sie anders sind. Und genau das ist auch gut so. Es scheint als würde sich kaum ein Animationsstudio noch etwas experimentelles trauen. Daher wird das Studio 4°C demnächst auch noch ein weiteres Mal für eine Zugabe auf meinem Blog zurückkehren. Wem mein Special gefallen hat daf gerne wieder dabei sein.

Gesamtwertung:

Sonntag, 6. Februar 2011

Studio 4°C Special, 06.02: Genius Party (Genies veranstalten eine Party)



Japan 2007
Regie: Atsuko Fukushima, Shoji Kawamori, Shinji Kimura, Yoji Fukuyama, Hideki Futamura, Masaaki Yuasa, Shinichiro Watanabe
Sprecher: Tomoko Kaneda, Rinko Kikuchi, Lu Ningjuan, Taro Yabe, Yuya Yagira
Genre: Anime, Kurzfilm, Experimentell, Action, Komödie, Drama, Mystery, Romance, Fantasy
Verleih: Rapid Eye Movies
FSK: 12




Mit dem 2007 entstandenen Kurzfilmprojekt Genius Party geht Studio 4°C zu den Anfängen zurück. Zusammen mit Akira Schöpfer Katsuhiro Otomo entstand 1995 das erste Werk des Studios. Die Anthologie Memories umfasste 3 Kurzfilmen (Magnetic Rose, Stink Bomb, Cannon Fodder) und erschien zum Anime-Boom der neunziger. Durch den Erfolg wurde der ungewöhnliche Stil des Studios auch rasch im Westen bekannt.

Ganze zwölf Jahre später wagt es Studio 4°C erneut. Doch diesmal machten sich gleich sieben Regisseure ans Werk. Darunter versammelt sind junge Newcomer wie Maasaki Yuasa (Mind Game) bis hin zu Kultregisseuren wie Shinichiro Watanabe (Cowboy Bebop). Sieben verschiedene Stile. Sieben Kurzfilme die unterschiedlicher voneinander gar nicht sein können. In der folgenden Besprechung nehme ich mir gleich alle sieben Beiträge vor. Und am Ende wird dann auch der große Sieger gekürt.

Genius Party: Die Kurzfilme


1. Genius Party (Opener)
Regie: Atsuko Fukushima


Der kurze Eröffnungsfilm ist pures Eyecandy. Es wird weder eine Story erzählt, noch gibt es Dialoge. Der Kurzfilm dient lediglich dazu zu präsentieren was den Zuschauer erwarten wird. Atsuko Fukushima (einzige Frau an Board) geht mit ungeheurer Kreativität ans Werk und zeigt uns einen farbenfrohen Mix der geradezu einer Person auf einen LSD-Trip entstammen könnte. Ein kleines Kunstwerk. Hat mir sehr gut gefallen.

Wertung




2. Shanghai Dragon:
Regie: Shoji Kawamori




Der etwas gesellsschaftkritische Shanghai Dragon von Mecha Meister Shoji Kawamori (Macross) stellt praktisch nach dem storylosen Opener den Beginn der Anthologie dar. Die Geschichte spielt im letzten Jahrhundert (vermutlich in den neunzigern) in China/Shanghai. Held der Geschichte ist der kleine Außenseiter Gonglong. Als ein außerirdisches Objekt aufs Schulgelände fällt gerät es in die Hände von Gonglong. Das Kugelschreiber ähnliche "Ding" scheint geheime Kräfte zu besitzen die nur Gonglong entfachen kann. Egal was er damit auch zeichnet, es wird lebendig. Bald darauf greift eine außerirdische Flotte an. Und Gonglong erfährt von zwei geheimnisvollen Männern aus der Zkunft, das nur er die Welt vor ihrer Vernichtung bewahren kann.

Shanghai Dragon ist auf eine Weise eine sehr lustige und actionreiche Story. Den völlig überzogenen Actionszenen scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein. Auch die Geschichte um die kleine Rotznase Gonglong wird liebevoll erzählt. Dabei verarbeitet Kawamori auch noch ein wenig Geesellschaftskritik in die Story. Ein Grund wieso die Geschichte wohl in China spielt. "In der Zukunft werden keine Kinder mehr geboren. Die Maschinen kontrollieren die Menschen."
Mit diesen trostlosen Worten des Raumfahrers aus der Zukunft wird es klar. Die Zukunft der Menscheit wird in der Phantasie der Kinder aus der Vergangenheit (unserer Gegenwart) liegen. Ein Aspekt der zum nachdenken anregt.

Shanghai Dragon hat mir unglaublich gut gefallen. Der Zeichenstil ist modern und wirkt sehr erfrischend, teilweise gibt es ein paar CGI Animationen. Schaut man den Kurzfilm im Originalton, gibt es sogar einen sprachlichen Mix aus Japanisch und Kantonesisch.
Definitiv der actionlastigste Kurzfilm, aber auch extrem unterhaltsam. Klasse.

Wertung




3. Deathtic 4
Regie: Shinji Kimura




Tim Burton lässt grüßen. Deathtic 4 von Shinji Kimura (natürlich eine Anspielung auf die Fantastic 4) ist der wohl skurrilste Beitrag. Die Zeichnungen/Animationen sind absolut einzigartig und wunderbar schräg. Die gesprochene Sprache scheint ein skandinavischer Mix zu sein. Ob es sich hier um eine erfundene Sprache handelt, oder tatsächlich norwegisch oder finnisch gesprochen wird, weiß ich leider nicht. Witzig anzuhören ist es aber auf jeden Fall.

Die Handlung ist einfach erklärt. Ein Frosch fällt vom Himmel in die Unterwelt. In dieser Welt gibt es keine fröhlichen Wesen. Alles in der Stadt wirkt düster und modrig. Die Bewohner an sich scheinen zu verwittern. Vor seinem Haus findet ein Schüler den gestrandeten Frosch und ist sichtlich fasziniert von dem Fremden Wesen. Er nimmt ihn mit in die Schule und bittet ein paar selbsternannte Superhelden um Hilfe den Frosch wieder in seine Heimat zu geleiten. Zusammen macht sich das schräge Team auf in ein kurioses Abenteuer.

Deathtic 4 verfügt über einen herrlich trockenen Humor. Die Episode ist genau wie der Opener sehr kurz gehalten. Dafür gibt es in jeder Szene aber schräge Einfälle zu bewundern. Nicht nur das total abgedrehte Team der Superhelden sorgen für Unterhaltung, es ist die komplette Welt dieser seltsamen Bewohner die zum schmunzeln anregt. Allen voran muss ich hier die kleinen roten Plüschwächter (siehe Cover) erwähnen, in deren Gasmaskenartiger Mund eine Muh-Dose steckt. Ein fantastischer Einfall. Wie kommt man auf so etwas verrücktes? Bewegt sich einer dieser kleinen Kerle ertönt sofort das Geräusch einer Kuh.
Den ganzen Spaß hätte ich mir auch gerne noch länger angeschaut. Ebenfalls wäre ich nicht abgeneigt davon einmal einen kompletten Film zu sehen. Auch Deathtic 4 hat mir unglaublich gut gefallen.

Wertung




4. Doorbell
Regie: Yoji Fukuyama


Der eigene Schatten eines Schülers scheint immer mehr sein Eigenleben zu entwickeln. Jeder Weg den er bestreitet scheint sein Schatten ihm bereits voraus zu sein. Alles nur Einbildung? Trotzdem wird der Schüler weder von seiner Familie, noch von seinen Freunden mehr wahrgenommen.

In Doorbell geht es um die eigene Existens. Die Geschichte scheint erst etwas seltsam, wird aber am Ende deutlich verständlicher. Sowohl vom gewollt sehr schlichten Animations-Stil, wie aber auch von der Qualität der Episode muss sich Yoji Fukuyamas Doorbell leider den zuvor besprochenen drei Episoden unterwerfen. Was nicht bedeutet das Fukuyamas Beitrag schlecht ist, aber optisch und qualitativ konnte mich der Kurzfilm einfach nicht so begeistern wie die Vorgänger. Allerdings fällt das kaum ins Gewicht. Denn spaß macht auch diese Episode.

Wertung




5. Limit Cycle
Regie: Hideki Futamura




Auch in Limit Cycle geht es um die Existens. Zumindest ist es ein Thema. Meine ich jedenfalls wahrgenommen zu haben. Denn leider ist dieser Kurzfilm so anstrengend, das man selbst bei voller Konzentration den Dialogen irgendwann nicht mehr folgen kann. So kann man Hideki Futamaras experimentellen Beitrag eigentlich schon als überflüssig bezeichnen. Bei der Handlung führt uns ein Ich-Erzähler durch ein futuristisches Japan. Plaudert praktisch über Gott und die Welt und zitiert auch noch Psalme. Dabei wäre das alles gar kein Problem wenn die Episode nicht gestreckt wäre wie ein Kaugummi. Die Optik überzeugt nämlich. Die Zeichnungen bestehen sowohl aus 2D als auch 3D Animationen. Zahlreiche andere Effekte wurden mit eingebaut um einen futuristischen Eindruck zu vermitteln.

Nach 10 Minuten wünscht man sich bereits das dieses Werk bitte zügig enden soll. Dialog folgt Dialog. Das macht müde und passt überhaupt nicht in das Konzept der guten Vorgänger. Ich bin zwar ein Fan experimenteller Werke, aber Limit Cycle geht selbst für mich zu weit. Vielleicht beabsichtigt dies aber auch Regisseur Futamara. Ich bin mir sicher das auch an Limit Cycle der eine oder andere seine Freude haben wird, mein Geschmack war es aber nicht.

Wertung




6. Happy Machine
Regie: Masaaki Yuasa




Experimentell geht es weiter. Regisseur Masaaki Yuasa (Mind Game) nimmt uns mit auf die surreale Reise eines Babys. Der kleine wird einem sofort sympathisch. Wir folgen ihm duch diese geheimnisvolle Welt in der er da geraten ist und bewundern erneut Yuasas Vorstellungsvermögen (Baby pinkelt von seinem Gefährt aus in die Tiefe und ein kleines Wesen mit Rüssel saugt den Strahl auf). Anders als bei Mind Game muss Happy Machine aber mit der einen oder anderen Länge kämpfen. Selbstverständlich wirkt Yuasas Beitrag längst nicht so zäh wie Futamuras Limit Cycle, aber da wäre sicherlich mehr drin geewesen. Interessant ist dafür aber das seltsame Ende. Was bleibt ist erneut mal wieder eine erstaunliche Vision von Masaaki Yuasa. Er spielt hier lediglich unter seinen Möglichkeiten.

Wertung




7. Baby Blue
Regie: Shinichiro Watanabe




Wie heißt es so schön? Das Beste kommt zum Schluss. Wer ein fulminantes Ende erwartet welches die anderen Kurzfilme an Ideenreichtum übertrifft, der wird vermutlich enttäuscht werden. Denn Regisseur Shinichiro Watanabe (Cowboy Bebop, Samurai Champloo), welchen ich sehr verehre und uns leider viel zu selten etwas neues präsntiert, liefert hier eine Geschichte ab wie sie alltäglicher nicht sein könnte. Baby Blue ist eine Geschichte um das erwachsenwerden, die erste Liebe und Abschied.

"Lass uns für Heute einfach mal die Zukunft vergessen".
Zwei Schulfreunde resümieren ihre gemeinsame Zeit. Gestehen sich gegenseitig das sie seit ihrer Kindheit Gefühle für einander hegen. Für einen Tag all die Sorgen vergessen und sich einfach treiben lassen. Ein beinahe utopischer Gedanke.
Shinichiro Watanabe erzählt die Geschichte mit einer solchen Ruhe und Hingebungskraft das sie den Zuschauer sofort in ihren Bann zieht. Die Atmosphäre ist unglaublich melancholisch. Der Zeichenstil ist sehr erwachsen und erinnert sogar ziemlich an Werke Makoto Shinkai's (5 Centimeters Per Second). Für Shinichiro Watanabe selbst ist Baby Blue ein unglaublich ungewöhnliches Werk wenn man seine Vorgänger wie Cowboy Bebop und Samurai Champloo kennt. Doch der Visionär beweist das er auch anders kann. Gefühlvoll und am Ende sogar recht traurig liefert Watanabe den besten Beitrag dieser Anthologie ab. Baby Blue passt vielleicht genau so wenig wie Limit Cycle ins Konzept, aber die perfekte Harmonie zwischen Story und Bildern, vermischt mit dem grandiosen Soundtrack von Yoko Kanno, hat mich ziemlich fasziniert. Ein Kurzfilm der auch als kompletter Kinofilm sehr gut funktionieren würde.

Wertung




Sieger und Fazit


1. Baby Blue (Shinichiro Watanabe)
2. Deathtic 4 (Shinji Kimura)
3. Shanghai Dragon (Shoji Kawamori)


4. Genius Party (Opener) (Atsuko Fukushima)
5. Doorbell (Yoji Fukuyama)
6. Happy Machine (Masaaki Yuasa)
7. Limit Cycle (Hideki Futamura)


Der große Sieger dieser Anthologie von Kurzfilmen ist für mich Shinichiro Watanabe's Baby Blue. Zwar präsentiert uns der Regisseur ein alltägliches Szenrario und reale Situationen, hebt sich damit aber auch aus der Masse von Genius Party. Baby Blue hat mich wirklich berührt. Vielleicht weil die Geschichte so völlig aus dem Leben gegriffen ist. Eine angenehme Abwechselung die in einer solch abgedrehten Sammlung sehr willkommen ist.

Das Schlusslicht stellt Hideki Futamura's Limit Cycle da. Optisch überzeugt sein Beitrag, inhaltlich wirkt er aber ermüdend. Ich konnte der Episode einfach keinen Reiz abgewinnen. Wäre zumindest die Laufzeit gestrafft worden, hätte es sicherlich angenehmer werden können.

Genius Party ist eine interessante Sammlung an Kurzfilmen die sich bis auf den besprochenen Limit Cycle auf einem außerordentlich hohen Niveau der Animations-Kunst befindet. Studio 4°C beweist einmal mehr wie unabhängig sie sind. Sicherlich ist Genius Party ein schwer zugägngliches Werk, selbst für Veteranen. Hat man aber einmal gefallen an dieser furiosen Mischung gefunden, wird man auch den eigenwilligen Stil zu schätzen wissen. Ich bin begeistert.


Gesamtwertung


Studio 4°C Special wird fortgesetzt

Da es mich etwas heftiger erwischt hat als ich zuerst angenommen hatte, fühle ich mich jedoch allmählich wieder einigermaßen fit.

Die Besprechungen zu Genius Party und Genius Party Beyond wird es dann sowohl Heute am 06.02 und 07.02 geben.

Dienstag, 1. Februar 2011

Studio 4°C Special, 01.02: Mind Game (Diese Geschichte hat niemals geendet)



Japan 2004
Nach einer Manga-Vorlage von Robin Nishi
Regie: Masaaki Yuasa
Sprecher: Koji Imada, Sayaka Maeda, Takashi Fujii, Seiku Takuma
Laufzeit: 104 Minuten (mit Abspann)
Genre: Anime, Komödie, Abenteuer, Fantasy, Experimentell
Verleih: Rapid Eye Movies
Freigabe: FSK 16




Kommerziell gesehen war der 2004 entstandene Spielfilm aus dem Hause Studio 4°C ein Flop. Dies gilt zumindest für die eigene Heimat. Doch besonders im Westen konnte Mind Game bei Kritikern und Film-Fans begeistern. Mind Game lief auf diversen Filmfestivals und so machte sich das kuriose Abenteuer International einen Namen.

Hat man den Film einmal gesehen, ist es schwer seine Gefühle und Emotionen einzuordnen. Ich empfand sogar so etwas wie unbeschwertheit. Mind Game berührte mich auf eine besondere Art und weckte tatsächlich Glücksgefühle in mir. Natürlich ist das wohl bei jedem Zuschauer anders. Einige werden vielleicht sogar frustriert und verwirrt sein, geschweige, falls sie den Film überhaupt bis zum Ende schauen werden.

Die Geschichte ist leicht zu erzählen, könnte aber tiefgründiger gar nicht ausfallen. Mind Game beginnt ähnlich wie ein Film von David Lynch. Eine bedrückende Musik ertönt. Dazu folgt eine für den Zuschauer seltsame Aneinaderreihung mehrerer Szenen aus anscheinend verschiedenen Zeiten. Nach dem seltsamen Opening sehen wir eine Frau die vor zwei Männern flüchtet. All sie ihre Verfolger abgehängt hat, die U-Bahn erwischt, trifft sie ihren alten Schulkamerad Nishi. Hier nimmt eine seltsame Odyssee ihren Lauf. Die Geschichte von Mind Game spielt im Jahre 2002 während der Fußball Weltmeisterschafft in Japan und Südkorea. Nishi ist der Hauptdarsteller dieser Geschichte. Er ist ein angehender Mangaka und seit seiner Schulzeit in Myon verliebt (die Frau aus der U-Bahn). Nach langer Zeit sehen sich die beiden wieder. Myon macht Nishi klar das sie vermutlich bald heiraten wird. Daraufhin lädt sie ihn in das Restaurant ihrer Familie ein. Doch dort gerät alles außer Kontrolle. Zwei Yakuza, wovon einer eine offene Rechnung mit Myons Vater hat, richten ein Blutbad an bei dem Nishi sein Leben auf eine unglaublich peinliche Art verliert. Bei Gott angekommen macht dieser ihm klar, das es kein Zurück mehr für ihn gibt und er schon bald im Nichts verschwinden wird. Nishi, der sich nicht mit seinem Schicksal abfinden kann wählt einen anderen Weg. Er versucht der Macht Gottes zu entkommen und rennt im wahrsten Sinne des Wortes um seine Existens. Nishi gewinnt das Wettrennen gegen Gott und kehrt ins Leben zurück. Er nimmt seine zweite Chance wahr und ändert den Verlauf der Szene und erschießt den Yakuza. Zusammen mit Myo und ihrer Schwester beginnt für die drei eine Reise zur Selbstfindung. Und all das geschieht im Innenleben eines riesigen Wals.


Die Story ist nun regelrecht großb erklärt. Um sich ein eigenes Bild zu machen müsste man schon den kompletten Film sehen.

Auf den ersten Blick macht die Geschichte von Mind Game den Anschein als wäre es eine typische "Was wäre wenn....." Geschichte. Doch Regisseur Masaaki Yuasa spielt hier alle künstlerischen Möglichkeiten aus die ihm zur Verfügung stehen. So wird man am Ende bemerken das es sich hier nicht um eine "Was wäre wenn....." Geschichte handelt, sondern um eine von wahrscheinlich tausenden. Ohne zu Spoilern; Auch das Opening wird ein wenig verständlicher. Hat man gefallen an Mind Game gefunden, wird man onehin nicht drum herum kommen ihn sich mehrere Male anzuschauen. Beim ersten Mal sollte man sich jedoch einfach zurücklehnen und diese absurden Trip genießen. Auf Details kann man auch später noch achten.

Selbstfindung ist ein großes Thema in Mind Game. Dies wird bereits klar wenn Nishi vor Gott steht. Dieser wechselt alle paar Sekunden seine Gestalt. Nishi ist verwirrt über das was er da sieht. Gott erwidert; "Das liegt daran weil du ständig ein anderes Bild von mir hast". Diese Sequenz ist nicht nur unglaublich witzig, weil sich die Gestalt Gottes in alle möglichen albernen Fratzen verwandelt, wir bekommen auch einen interessanten Einblick in Nishis Unterbewusstsein. Er ist unsicher und vom Weg abgekommen. Die verschiedenen Gestalten Gottes stellen praktisch seine Ängste dar. Erst als Nishi einen entschluss fasst und Mut tankt, verwandelt sich Gott in einen prächtigen Leopard.

Dies ist nur eine von den unzähligen verrückten Ideen in Mind Game. Die Vorlage lieferte Mangaka Robin Nishi. Bei Studio 4°C war man davon so angetan das man diesen Manga als Film umsetzen wollte. Natürlich standen die Verantwortlichen da vor einer großen Aufgabe. Man engagierte einen bis dahin noch recht unbekannten Regisseur. Es war Masaaki Yuasa. Das Studio gewährte ihm völlige Freiheit. Selbst Mangaka Robin Nishi gab sein Einverständnis sein Werk nach Belieben zu ändern. Dies tat der junge Regisseur dann auch. Er zauberte einen Film dem man in jeder Szene seine Leidenschaft ansieht. Man spürt förmlich mit wie viel Freude alle Beteiligten an Mind Game gearbeitet haben. Belohnt wird der Zuschauer mit einem Ideenreichtum wie man ihn in den meisten der heutigen Anime vergeblich sucht. Der Film kann sowohl optisch als auch inhaltlich begeistern. Was ich besonders klasse finde ist das man trotz all der schrägen Einfälle nie den Ernst der Geschichte vergessen hat. Denn einen ernsten Hintergrund kann man der Geschichte einfach nicht absprechen. Mind Game ist eine Reise in das Unterbewusstsein von vier Personen (der vierte im Bunde wäre der alte Mann der seit 30 Jahren im Inneren des Wals lebt). Jeder von ihnen kämpft mit seiner eigenen Vergangenheit. Trotz der Laufzeit von etwas über 100 Minuten kommt keiner der Charaktere zu kurz. Dennoch bleiben genügend, gewollte, Möglichkeiten zum interpretieren.

Der Soundtrack ist einfach fantastisch. Er stammt von Fayray, Yoko Kanno und Seiichi Yamamoto (Boredoms) und ist unverzichtbar für den Film. Die Musik ist nämlich mindestens genau so eigensinnig wie der Film. Die Tracks reichen von abgedrehten Instrumental Stücken bis zu melodischen Gesangseinlagen (dazu gehört die wunderbare Titelmusik "Viva" und der im Abspann gespielte Song "Saisho de Saigo no koi"). Natürlich gibts auch noch ein ganz großes Lob an die Seiyuus (Synchronsprecher). Die Leistung, die sie mit ihren Stimmen abliefern kann man bereits als akrobatisch bezeichnen.

Fazit:

Zusammengefasst bemerke ich das ich lediglich einen kleinen Bruchteil des Films besprochen habe. Allerdings würde meine Besprechung wohl den Umfang eines Romans annehmen um Mind Game gerecht zu werden.

"Diese Geschichte hat niemals geendet", lautet der letzte Schriftzug.
Für alle die am Ende jedoch meinen, den Film verstanden zu haben, werden enttäuscht. Mind Game hat kein Ende. Wie ein Puzzleteil fügen sich Anfang und Endsequenz zusammen. Die im Film erzählte Geschichte ist nur eine von vielen möglichen Varianten sie zu erzählen. Es gibt zahlreiche Alternativen. Es ist genau dieses Ende welches den Film den letzten Schliff verleiht. Man wird es wohl erst nicht begreifen. Doch je öfter man Mind Game schaut, desto offensichtlicher wird es.

Für alle Anime-Fans die genug von vom aktuellen Einheitsbrei haben, wird Mind Game eine erfrischende Abwechselung sein. Auf seine Weise ist der Film einzigartig. Dafür Danke ich Studio 4°C die sich hier völlig vom Mainstream entfernen.
Doch auch für alle die es gerne experimentell mögen, muss man nicht unbedingt Anime-Fan sein um Mind Game etwas abzugewinnen. Natürlich wird das nicht Jedermanns Geschmack sein, aber wenn man noch nicht probiert hat, sollte man es vielleicht einmal wagen. Und ich muss sagen, es schmeckt verdammt gut.


Wertung