Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Montag, 31. Januar 2011

Studio 4°C Special: 01.02 - 03.02 (Ein Erlebnis zwischen Kunst und Wahn)


Das im Jahre 1986 gegründete Anime-Studio war schon immer anders. Sie verzichten auf alles was Otakus gerne haben. Das Studio 4°C ist vielleicht eine der letzten Anime-Schmieden die sich aktuellen Trends komplett widersetzt und weiter die wahre Philosophie der japanischen Zeichentrick-Kunst fortführt: Den Zuschauer verzaubern. Ihn in eine Welt zu führen die weit über sein Vorstellungsvermögen hinausgehen wird. Und dies im ständigen Kontrast zwischen Kunst und Wahn. Sie bleiben sich treu und erschaffen Träume. Keine Träume für die Massen. Nein. Auf einer gewissen Weise muss man selbst über eine große Portion Phantasie und Wahnsinn verfügen um diese eigenwilligen Werke zu lieben. Mit anderen Worten: Das kleine Studio 4°C ist das Studio Ghibli für Erwachsene.


Vom 01.02 - 03.02 möchte ich diesem einzigartigen Studio ein komplettes Special widmen. Angefangen bei dem Spielfilm Mind Game über die Sammlungen an Kurzfilmen der Genius Party Reihe. Und da ich genau über die vorausgesetzte Portion an Phantasie und Wahnsinn verfüge, wird es für mich eine wahre Freude werden diese Werke zu präsentieren.

Für eine Auflistung all ihrer Arbeiten empfehle ich den informativen Wikipedia Artikel.

Anmerkung:
Mich hat ein grippaler Infekt zu Boden geschleudert. Terminänderungen.


01.02:
Mind Game

02.02: (Neuer Termin: 03.02/04.02) (Neuer Termin: 06.02)
Genius Party

03.02: (Neuer Termin: 05.02/06.02) (Neuer Termin: 07.02)
Genius Party Beyond

Montag, 24. Januar 2011

Haruki Murakami, Sputnik Sweetheart: Ein Trip auf die Insel der Verlassenen



Die Murakami Rezensionen 1

Autor: Haruki Murakami
Originaltitel: Supuutoniko no koibito
Erscheinungsjahr: 1999 (Japan), 2003 (Detuschland), DuMont Verlag
Übersetzung: Ursula Gräfe
Genre: Liebesgeschichte, Mystery


"Die Sommerferien waren zu Ende, und ich musste mich wieder in den endlosen Alltag einfügen. Dort ist mein Platz. Dort sind meine Wohnung, mein Schreibtisch, mein Klassenzimmer, meine Schüler. Ein ruhiges Leben, Romane, die ich lesen möchte, hin und wieder eine Affäre.
Dennoch werde ich nie wieder so sein wie vorher. Von morgen an werde ich ein anderer Mensch sein. Natürlich wird niemand in Japan die Veränderung bemerken. Auch wenn nach außen hin alles sein wird wie immer, ist in mir etwas erloschen. Irgendwo ist Blut geflossen, und jemand oder etwas hat mich verlassen." -K.-

Murakamis grandioser Roman aus dem Jahre 1999 gilt selbst unter treuen Lesern seiner Werke eher als Geheimempfehlung. Liegt es an dem seltsamen Titel? Dürfte sich dieser aber doch kein bisschen von all den anderen skurrilen Titeln des Haruki Murakami unterscheiden. Wie dem auch sei. Sputnik Sweetheart sollte eigentlich keine Geheimempfehlung sein. Oder vielleicht ist dies auch gerade der Grund wieso mir dieses Buch so gut gefallen hat. Um ehrlich zu sein, für mich ist es, von allen Murakami Werken die ich bisher gelesen habe, eines seiner besten. Doch was mir an diesem surrealen Trip so gut gefallen hat, will ich nun erzählen.

K. ist ein junger Lehrer und ein eher zurückhaltender Typ. Er führt ein Leben ohne große Ansprüche zu haben und erfreut sich an den einfachen Dingen im Alltag. Eines Tages lernt er Sumire kennen. Sumire ist das komplette Gegenteil von K. und doch freunden sich beide an. Sumire ist quirlig, extrovertiert und hat ein loses Mundwerk. Sie gibt Widerworte und hält selbst ziemlich viel von sich. Ihr Studium hat sie abgebrochen um Autorin zu werden. Allmählich bemerken die beiden das sie praktisch durch ihre Interessen Seelenverwandte sein könnten. Sumire vertraut sich K. an. Sie lässt ihn sogar bei ihren Geschichten probelesen, so das er ihr seine Meinung darüber verkünden kann. K. weiß längst das er sich in die eigenwillige Sumire verliebt hat. Diese macht ihm aber schnell klar das es für sie nicht über Freundschaft hinaus gehen wird. Dann lernt Sumire auf einer Hochzeit eine geheimnisvolle Frau namens Miu kennen. Sie krempelt ihr Leben komplett um. Miu bietet der unentschlossenen Sumire einen Job in ihrer Firma an. Die beiden werden zu besten Freundinnen. Immer mehr verändert sich Sumire und nimmt sogar Damenhaftes Verhalten an. Sumire erklärt K., das sie sich in ihre Chefin verliebt habe und bald mit ihr, geschäftlich, auf Reisen nach Europa gehen wird. Während Sumire mit Miu auf Geschäftsreise ist, distanziert sie sich immer mehr von ihrem alten Leben. Und K. ist ein Teil davon. Noch von Enttäuschung geplagt erhält K. eines Nachts einen seltsamen Anruf. Es ist Miu. Sie berichtet ihm das Sumire auf einer Insel in Griechenland spurlos verschwunden ist und bittet ihn sofort herzukommen. K. setzt sich in den nächsten Flieger. Noch völlig ahnungslos welch rätselhafte wie unheimliche Geschichte ihn erwarten wird.

Grob zusammengefasst ist dies der Inhalt der verzwickten Geschichte. Doch um hinter dem Rätsel und seinen geheimnissen zu kommen entführt Haruki Murakami den Leser auf eine exotische Reise auf eine griechische Insel. Ist der Leser, in der Gestalt von K., dort angekommen beginnt gleich der nächste Trip. Und dieser ist wie bei Murakami üblich, sehr surreal. Wir bekommen tiefe Einblicke in die Vergangenheit von Miu und ihrer mysteriösen Geschichte die sie in ihrer Jugend erlebt hat. K. entdeckt auf Sumires Laptop eigenartige Aufzeichnungen die einem Tagebuch ähneln. All das, so wird der Leser denken, könnten Hinweise auf Sumires verschwinden sein. Doch so einfach macht es uns Murakami nicht. In ruhiger Manier und mit lockerer Hand geleitet uns der japaner Wort für Wort durch eine traurige wie aber auch unheimliche Geschichte. Um das Rätsel um Sumires verschwinden auf der einsamen griechischen Insel zu bewahren macht Murakami sich gar nicht erst die Mühe K. auf die Suche nach ihr zu schicken. Er belässt es bei Recherchen. Er konzentriert sich viel mehr auf das Dreiergespann rund um K., Sumire und Miu. Dabei wird man schnell die Parallelen dieser drei Personen bemerken. Und schnell wird klar worum es eigentlich in Sputnik Sweetheart geht. Wer einmal Jean-Paul Sartres "Der Ekel" gelesen hat wird es mit Murakamis Roman etwas einfacher haben. Zwar ist Sputnik Sweetheart kein Roman des Existentialismus, dennoch finden sich viele Elemente dort wieder. Auch der Leser wird sich am Ende die Frage nach seiner eigenen Existenz stellen.

Auf der anderen Seite ist Sputnik Sweetheart natürlich auch noch eine Liebesgeschichte. Auch wenn K. viel mehr der Beobachter ist, wir werden an seinen Gefühlen teilhaben. Seine Sehnsucht nach Sumire wird uns bewusst. Und bei seiner verzweifelten Suche nach ihr werden wir Mitgefühl für ihn entwickeln. Für Sumires verschwinden gibt es keine Erklärung. Viel mehr sucht K. nach Antworten. Nach dem "Wie" und dem "Warum". Wieso und weshalb hat Sumire, noch in Pyjama Bekleidung in jener Nacht das Ferienhaus verlassen? Welche Sorgen plagten sie? Und, besteht die Möglichkeit das Sumire sich vielleicht sogar in Luft aufgelöst hat?
Gegen Ende reisen wir gemeinsam mit K. in das Unterbewusstsein von Sumire.

Was am Ende bleibt ist eine Geschichte die man selbst weder erklären kann, noch Antworten auf die eigenen Fragen finden wird. So gesehen steht der Leser nach der letzten Seite von Murakamis Roman vor einer Sackgasse. Egal wie oft man überlegt, man kommt nicht weiter. Am besten wäre wenn jeder für sich selbst die Geschichte beendet. Oder besser gesagt, das Ende so lange interpretiert, bis man das logische in ihm entdeckt. Doch genau diese vielen Möglichkeiten zur Interpretation faszinieren mich. Genau das erwarte ich von Murakami.

"Ich träume. Manchmal glaube ich, das ist das einzig Richtige, was man tun kann. Wie Sumire geschrieben hatte - in der Traumwelt leben. Doch irgendwann kommt immer das Erwachen." -K.-

Auf der letzten Seite des Buches schaut K. aus dem Fenster und sieht am klaren Nachthimmel den Halbmond. Er weiß das Sumire den gleichen sieht. Denn sie leben in der selben Welt. Da ist er sich ganz sicher. Klingt ja fast wie die Vorgeschichte zu Murakamis 1Q84.
Er spreizt seine Finger und schaut ob Blut an seinen Händen klebt. Er kann jedoch nichts finden.
Als ich die letzten Zeilen gelesen ergriff mich Wehmut und Einsamkeit. Es war ein tolles Buch. Ein klasse Ende. Haruki Murakami weiß wie, und wann man eine Geschichte beenden muss. Sputnik Sweetheart ist und wird für mich immer ein besonderes Buch bleiben. Es ist unergründlich und geheimnisvoll. Ich liebe solche Geschichten. Noch Tage danach beschäftigen mich die Fragen die ich mir nach dem lesen gestellt habe. Und ich bin dankbar für all die Erinnerungen die ich aus dieser Reise nach Griechenland mitgenommen habe. Und erneut ein großes Lob an Übersetzerin Ursula Gräfe als Reiseführerin.



Wertung: Fünf Dante (Sehr gut)

Sonntag, 23. Januar 2011

MUCC live in Concert: In Bochum blühten für einen Abend die Kirschblüten



Bereits im Oktober 2009 habe ich MUCC live in der Zeche Bochum spielen sehen. Das MUCC auf ihren CD's ein außergeöhnliches Erlebnis bieten wusste ich schon längst. Doch Live ist es einfach unvergleichlich. Zusammen mit den Fans wird ein Live Event geschaffen dessen Atmosphäre ich bei keinem anderen Konzert je verspürt habe. Die vier japaner lieben es Musik zu machen. Sie geben einen Dreck auf konventionelle Stile und erschaffen ihren ganz eigenen, experimentellen. Dieser reicht von Rock der 60er und 70er Jahre bis hin zu Jazz. Aber natürlich ist auch viel Metal dabei, betrachtet man die alten Alben. Und dabei legen sie ein Pensum an dem Tag, wovon andere Bands nur träumen können. Jedes Jahr ein neues Album. Egal wie oft man sie abgeschrieben hat, oder sie verurteilt hat, sie würden ihren alten Stil vernachlässigen, MUCC hat immer wieder das Gegenteil bewiesen. Diese Freiheit ist ein Privileg, welches man nicht häufig bei japanischen Bands antrifft. Wird die japanische Musikszene nicht selten von raffgierigen wie erfolgsorientierten Managern kontrolliert. MUCC wie auch Dir en grey beweisen das es auch anders geht. Natürlich muss man für so viel Freiheit auch dementsprechend lange im Geschäft sein.

Nun war es wieder so weit. Am 22.01.2011 lädt MUCC erneut in die gemütliche Zeche ein. Nach ihrem Auftritt am 20.01.2011 im Backstage Club München wird das Konzert in Bochum das letzte deutsche in ihrer Tour sein. Besonders das Konzert in Bochum dürfte für die Jungs sehr interessant sein, denn es war ausverkauft. Eintausend Gäste sollen angeblich in den Club passen. Platz mit einer stets guten Sicht auf die Bühne findet man auf zwei Etagen.



18:00 Uhr

Zum zweiten mal in Folge trickst mich die Eintrittskarte aus. Rechnete ich damit das der Einlass um 19:00 Uhr ist, hab ich nach genauerem Betrachten des kleingedruckten bemerkt, das dies die Uhrzeit des Konzertbeginn ist. Einlass war bereits um 18:00 Uhr. Das bedeutete, während gerade alle Fans in die Halle stürmten, saß ich in Bochum und wartete auf einen Bus. Habe ich  doch 2009 durch den gleichen Fehler bereits zwei Songs des Konzerts verpasst. Doch ich war nicht der einzige der an der Haltestelle auf das Gefährt wartete. An der Kleidung leicht auszumachen gesellten sich noch mehr Fans zu mir. Pünktlich kam der Bus und beförderte uns noch um 19:40 Uhr zu unserem Ziel.

18:45 Uhr

Die Halle ist voll. Menschenmengen (zu ungefähr 70% Frauen) belegetn den Merchandise Stand, die Toiletten, oder hatten sich bereits begehrte Plätze in der Halle gesichert. Durch meine Verspätung musste ich erstmal nach der Person suchen mit der ich verabredet war. Nach einigem gewusel fand ich sie schließlich auch. Die Stimmung war bereits jetzt fantastisch. Die Fans heizten sich gegenseitig ein. Anschließend berichtete mir Sonja, das Fronstsänger Tatsuro erkältet sei und wohl Probleme mit der Stimme habe. Nicht gut. Sind die Songs vom neuen Album teilweise besonders auf die gesangliche Stimme orientiert.

19:15 Uhr

Natürlich stand das Konzert voll und ganz unter den Sternen des neuen Albums Karma.
Die Lichter wurden ausgeschaltet. Die Fans waren nun noch lauter. Ein Mädchen hinter mir pfiff so laut und schrill das es in meinen Ohren dröhnte.
Dann wurde endlich der elektronische Instrumental Opener Chemical Parade eingeleitet der die Band unter tosenden Applaus in die Halle beförderte. Während Gitarrist Miya, Schlagzeuger Satochi und Bassist Yukke in modischer Kleidung die Bühne betraten wurde der Applaus noch lauter als Sänger Tatsuro die Bühne betrat. Dieser erinnerte optisch an einen Barkeeper wie man ihn oft in japanischen Bars antrifft. Inklsuive Fliege. Die Frisur bestand aus Dreadlocks oder Rasta. Ein Kopftuch bedeckte sein rechtes Auge.

Der Moment der Wahrheit rückte näher. Wird Tatsuro die Töne treffen? Die Antwort darauf lieferte der erste Song FALLING DOWN in der Organic Edition (weniger elektronische Klänge als die Version auf der Single, dafür mehr Einsatz von Gitarre, Schlagzeug und Bass). Und bereits nach wenigen Minuten war ich beruhigt. Tatsuro gab bereits im ersten Song alles. Von einer rauhen Stimme nichts zu hören. So durfte es weiter gehen. Und das ging es auch. Direkt nach FALLING DOWN folgte mit Zeroshiki der zweite Song vom neuen Album Karma. Bis Chemical Parade Blueday arbeiteten die vier die Playlist vom Karma chronologisch ab. Besonders bei Chemical Parade Blueday hatte ich meine Bedenken. Wird in diesem Song leider der Auto-Tune Effekt verwendet. Doch zu meiner Freude verzichtete man in der Live Version auf Auto-Tune.

MUCC hatten die Fans längst auf ihrer Seite. Sie spielten sich quer durch ihre aktuellen drei Alben Shion, Kyutai und Karma. Zwischen den Songs gab es immer MUCC typische Slapstick Einlagen von Tatsuro. Dieser präsentierte neue deutsche Wörter die er gelernt hat. Und brachte uns auch am Ende noch einen kompletten Satz auf japanisch bei. Diesen wiederholten wir brav wie in der Schule die Englisch Vokabeln im Chor. Was genau dieser Satz jedoch bedeutete, verschwieg er uns. Erst am Ende habe ich durch Sonjas japanischen Freund erfahren was er wirklich bedeutet. Diese japanischen Silben sollen anscheinend so viel wie "Scheiß Vogelgrippe" bedeuten. Mit seiner gleichgültigen Art und seinem trockenen Humor beweist Tatsuro einmal mehr, das er auch einen verdammt guten Entertainer abgeben kann.

MUCC rockten um die neunzig Minuten den Club. Bis auf den Song A. aus dem neuen Album wurde all das gespielt was ich mir auch wünschte. Doch im geheimen habe ich immer wieder an einen Song gedacht, den ich gerne im Finale hören würde. Kann MUCC den perfekten Abschluss schaffen den Stone Sour am Ende ein wenig vergeigt hat? Dies würde sich wohl erst in der Zugabe zeigen.

Circa 20:50 Uhr

MUCC verabschiedeten sich das erste mal. Nach einer bereits unglaublichen Show war aber längst klar das sie noch einmal für eine Zugabe zurückkehren würden. So etwas erwarten die Fans schließlich. Um kurz vor 21 Uhr kehrten alle vier zurück. Diesmal in einem einheitlichen Tour Shirt. Jeder hat ein paar deutsche Sätze auswendig gelernt. Tatsuro hat dieses Schauspiel angeführt in dem er jedem seiner Bandkollegen dazu aufforderte. Bassist Yukke verkündete er hätte gerne eine deutsche Freundin. Gitarrist Miya sagte in einem anständigen deutsch, das Deutschland bereits ihre zweite Heimat sei. Als Schlagzeuger Satochi das Wort Titten durch das Mikrofon brüllte kann man dem charmanten Gitarristen seine Worte sogar problemlos abkaufen.

Als Zugabe wurden drei weitere Songs gespielt. Als erstes folgte, ich glaube (und hoffe das es der richtige Titel ist, da ich ihn mir einfach nicht merken kann), Ranchuu. Als zweiter Song (Und hier hoffe nun nicht das ich die beiden in ihrer chronoligischen Reihenfolge verwechselt habe) folgte der Klassiker Saishuu Ressha. Ein Song der ihren Erfolg in Europa natürlich mitbegründet hat. All die Fans gröllten mit. Die Stimmung war auf dem absoluten Höhepunkt. Dafür schwindete meine Hoffnung jedoch das als letzter Song jener gespielt wird, den ich mir so sehr wünschte. Dann stimmte Tatsuro an: Last Song for tonight. Und als das melodische Instrumental angestimmt wurde huschte mir ein Schauder über den ganzen Körper. Gespielt wurde Freesia im Karma Edit. Was Stone Sour nicht schaffte, übernahm nun MUCC. Sie beendeten die Zugabe, und natürlich damit auch das Konzert mit dem Song den ich mir wünschte. Ein Song der eines Finales würdig ist. Tatsuros Stimme und die Instrumente kommen in diesem Stück perfekt zur Geltung. Gefolgt von einem ausgiebigen Instrumental-Solo von Miya, Satochi und Yukke welches mir erneut eine Gänsehaut bescherte. Auf die Bühne schaffte es anschließend noch ein BH und ein Slip welche freudig von einem breit grinsenden Tatsuro entgegen genommen wurden. Allerdings waren das echte Liebestöter die eigentlich wieder ihren Weg ins Publikum hätten finden müssen. Die Band wurde unter Applaus und Gesänge verabschiedet. Dies hatten sie sich auch redlich verdient.

Als alle drei Songs der Zugabe gespielt wurden, verabschiedeten sich die vier. Viele Emotionen unter den Fans. Bei einigen Mädchen flossen sogar ein paar Tränen. Übrigens, beinahe jedes Alter war vertreten. Ob Mädchen oder Junge, Frau oder Mann. Die Stimmung war friedlich und dies blieb bis zum Ende so.

Circa 21:15

Das Konzert endete. Die Fans verließen nun allmählich die Halle und auf MUCC wartet bereits Heute ein Konzert in Paris.

Es war ein einzigartiges Erlebnis. Noch wesentlich intensiver als beim letzten mal. Der Aufenthalt in der Zeche war angenehm. Man durfte sogar Fotos und Videos machen. Einzig der etwas zu laute, und dröhnende Sound, sowie wie Miyas etwas schief gestimmte Gitarre kann man als kleinen Kritikpunkt ankreiden. Aber natürlich fällt das überhaupt nicht mehr ins Gewicht. In den knapp 120 Minuten gab die Band alles. Es war ein würdiges Finale. Und ich hoffe das uns diese vier Individuen japaner bald wieder beehren werden. Auch wenn ich mir wünsche, das sie uns vielleicht einmal in einer fröhlicheren Jahreszeit besuchen würden. Vielleicht ja im Frühling. Sind die großen Konzerte im Sommer alle für die Landsleute in den großen japanischen Hallen reserviert. Auf bald, MUCC.

Bei Gelegenheit werde ich noch Fotos oder Videomaterial hinzufügen. Mein eigenes Handy mit HD Aufnahmemöglichkeit ist leider in der Reperatur.

Mittwoch, 19. Januar 2011

Review: Reykjavik Whale Watching Massacre: Langeweile am isländischen Fjord



Island 2009
Regie: Julius Kemp
Darsteller: Pihla Viitala, Nae Yuuki, Terence Anderson, Miranda Hennessy, Aymen Hamdouchi
Laufzeit: 83:39 Minuten
Genre: Horror / Komödie
Freigabe: Keine Jugenfreigabe


Filmische Beiträge aus Island könnte man als rar beezeichnen. Ehrlich gesagt fällt mir spontan kein isländischer Film ein den ich zuvor gesehen habe. Exoten könnten jedoch hellhörig werden. Haben die nordischen Länder immer bewiesen das sie ein Garant für das unerwartete sind. Zumindest was Filme angeht.

Es ist bei dem Titel natürlich offensichtlich worauf man anspielen will. Der Slasher Klassiker The Texas Chainsaw Massacre (Blutgericht in Texas) stand hier natürlich Pate. Dies soll auch nochmal ganz genau verdeutlich werden durch Schauspieler Gunnar Hansen (Leatherface), der in diesem Film einen Gastauftritt hat. Wer sich jedoch erhofft das Hansen hier in Leathferface Manier die Kettensäge schwingt wird enttäuscht werden. Trotz der großen Werbung bleibt sein Auftritt beim Reykjavik Whale Watching Massacre unbedeutend und schafft es gerade mal auf fünf Minuten Screen Time. Da blieb mir Kane Hodders (Jason Voorhees) Auftritt in Hatchet wesentlich länger im Gedächtnis.
Doch nicht nur Gunnar Hansen enttäuscht hier. Es ist das Gesamtpaket. Kann sich Reykjavik bis zum Ende nicht entscheiden ob man dieses Werk nun als Hommage oder sogar Parodie auf das Genre bezeichnen kann.

Auf die isländische Sprache wurde beinahe komplett verzichtet. Eher kann man das ganze sogar als einen Multikulti Trip bezeichnen. Isländer, Deutsche, Franzosen und sogar Japaner stellen den kuriosen Cast dar. In der Originalfassung wird englisch gesprochen. Und dann beginnt eine der wohl unspektakulärsten Whale Watching Touren die Island zu bieten hat. Der Plot (falls überhaupt vorhanden) dümpelt vor sich hin. Die Schauspieler nerven und agieren teilweise grobmotorisch. Weder eine spannende, noch bedrohliche Atmosphäre baut der Film auf. Eher ärgert man sich als Zuschauer über die teilweise dämlichen Handlungen, und noch dämlicheren Dialoge der Charaktere. Auch sämtliche Versuche witizg zu sein scheitern kläglich. Selbst das Outing eines homosexuellen farbigen und Little Nicky konnten hier nicht mehr zur Stimmung beitragen. Die Geschichte ist vorhersehbar, die drei Bösewichte nichtmal annähernd so fies und sadistisch wie ihre berühmten Vorbilder aus vergangenen Slashern. Die Splattereffekte sind allesamt langweilig und billig in Szene gesetzt. Das Ende bietet ebenfalls kein Highlight. Was bleibt ist zu sagen das Reykjavik zumindest kurzweilig ist. Wobei ich am Ende jedoch froh war als der Abspann lief. Welcher, nur so nebenbei gesagt, eine Frechheit darstellt. Ungefähr drei Minuten rollen die Credits. Es macht den Anschein als hätte halb Island an diesem Werk mitgearbeitet (ich habe die Namen nicht mitgezählt).

Geschaut habe ich den Film übrigens auf BluRay. Auch wenn man die Schärfe des Bildes in einigen Szenen bemerkt hat, konnte mich die Bild und Tonqualität kaum beeindrucken. Das Bild wirkt teilweise vergilbt und alt. Wahrscheinlich ein Stilmittel. Dies verleiht dem Film einen recht billigen Look. Einen schönen, plastischen Effekt wie bei BluRays bekannter Filmstudios oder Labels habe ich ebenfalls vermisst.


Fazit:

Die japanerin fand ich mit ihrem Akzent ja noch ganz süß. Leider habe ich der guten Nae Yuuki in keiner Szene die fiese und intrigante Assistentin eines reichen, japanischen Ehepaars abgekauft. Wenn ich mir süße japanische Mädchen anschauen will mache ich ein Idol Video an. Vielleicht sogar JAV wenn ich mal ganz verrucht bin. Und während ich gerade darüber schreibe, habe ich schon fast wieder komplett vergessen worum es in Reykjavik Whale Watching Massacre eigentlich ging. Ging es um Wale? Oder steckte da vielleicht doch eine tiefgründige Botschaft hinter? Eigentlich interessiert es mich auch nicht wirklich. Wenn ja, wurde auch diese schlecht umgesetzt. Was bleibt ist ein unterdurchschnittlicher Slasher der sich viel weniger an The Texas Chainsaw Massacre orientiert, sondern viel mehr an Hatchet. Freunde des Trash, oder in einer gesseligen Runde an einem Männderabend mit viel Bier könnte Reykjavik Whale Watching Massacre sogar noch als einigermaßen unterhaltsam durchgehen. Doch selbst da gibt es bessere Alternativen (wie den schon mehrmals erwähnten Hatchet). Somit reiht sich dieser isländische Beitrag direkt neben den britischen Vertretern Severance und Doghouse ein. Weder Hommage noch Parodie. Dafür langweilig und unlustig. Schade.


Wertung
4/10 Punkte

Montag, 10. Januar 2011

Erzählung: Die Winter in Okinawa sind mild


Ich schreibe, um mir die Zeit zu vertreiben. Es entspannt mich. Da ich sie eigentlich nicht verstauben lassen möchte, werde ich sie hier auf meinem Blog veröffentlichen, der fortan auch meine eigenen Geschichten sammeln wird.

Die Winter in Okinawa sind mild, ist eine kleine Erzählung. Wenn ich überhaupt mal ein eigenes Werk von mir präsentiere ist es meist diese Geschichte. Das liegt vermutlich daran das es meine einzige Erzählung ist, die man als persönlich bezeichnen könnte. Sie basiert nämlich teilweise auf einem Traum.

Die Winter in Okinawa sind mild

Etwas schläfrig vergrabe ich mich in die Seiten meines Buches. Ich lese Shutter Island von Dennis Lehane. Spannende Geschichte. Ich werde es ganz sicher kaufen. Doch eine Buchhandlung hat auch immer irgendwie etwas magisches an sich. Ich bleibe meistens über eine Stunde in der gemütlich eingerichteten Lese-Lounge sitzen. Man kann, zumindest in der Woche, entspannt in ein Buch reinlesen und sich dabei auf diesen komfortablen Sitzen zurücklehnen. Nach einigen Seiten wandert mein Blick aus dem riesigen Fenster vor mir und trifft die langweilige und ziemlich verschneite Dortmunder Skyline. Tatsächlich ist es der Schnee, der den Anblick von hier sogar etwas romantisch erscheinen lässt. Wieso schneit es eigentlich? Mir kommt es vor, als hätte ich den Sommer verschlafen. Nach einem kurzen Seufzer vertiefe ich mich wieder in die Geschichte des US Marshalls Teddy Daniels und seinen Ausflug ins Irrenhaus.

Die Plätze sind gut besetzt. In der Runde sitzen mit mir, ebenfalls vertieft in ihren Büchern, drei andere Leute. Allesamt Langweiler. Möchtegern intellektuelle in ihren Vierzigern.
Ich habe mitlerweile fünfzig Seiten gelesen und jegliches Zeitgefühl verloren. Ich entscheide mich nach dem kommenden Absatz das Buch zu kaufen. Anschließend werde ich den Heimweg antreten. Wie auf Kommando vernehme ich plötzlich einen Duft der mich völlig benebelt. Ich schaffe es nicht ihn zuzuordnen, aber er wirkt geradezu betäubend und wohltuend auf meine Sinne. Wer könnte das sein? Nicht der übliche Duft eines langweiligen Möchtegern Intellektuellen in seinen Vierzigern, so viel ist sicher. Ich senke ein wenig das Buch und bemerke, dass eine junge Frau sich den fünften Platz geschnappt hat. Ein Kribbeln umgibt meine Bauchgegend. Mein Blick trifft sie. Da sitzt nun, genau vor mir, ein echter Blickfang. Doch sie ist viel mehr als das. Meine Gedanken können sich gerade nur noch nicht richtig ordnen weil sie so benebelt von jenem Duft sind. Meine Sinne spielen nun völlig verrückt. Sie zieht ihren mit Schnee bedeckten roten Mantel aus und legt ihn über den Sitz. Sie nimmt Platz und ich kann ihre beinahe schon irreale Schönheit in voller Pracht geniessen. Sie trägt langes, glattes Haar welches weit über ihre Schultern hinaus verläuft. Es ist dunkelblond, gepflegt und gleicht Seide. Ihr Gesicht wirkt unschuldig, gebildet und völlig entschlossen. Eine stilvolle Brille rundet ihr perfektes Gesicht ab. Ihre Kleidung, schlicht und trotzdem modern. Ein Rollkragenpullover in weiß und eine dazupassende Jeans. Sie ist schlank und scheint nur um die 1,60 Meter groß. Ihre kleinen zarten Hände berühren das Buch welches sie in ihren Händen hält. Doch was liest sie da eigentlich? Meine Augen wollen mir diese Information nicht liefern weil sie so auf diese Frau fixiert sind. Ich schlucke. Das bringt meine Pläne völlig durcheinander. Was wollte ich überhaupt erledigen? Vernunft, melde dich, Bitte!
Genau! Es war das Buch. Ich muss damit zur Kasse und es bezahlen. Der Versuch aufzustehen scheitert jedoch.
„Das war zu erwarten“, meldet sich Kitano zu Wort.
Das ging gerade nochmal gut. Der Kerl hat einfach ein perfektes Timing. Mit Kitano an meiner Seite kann ich diese Situation meistern.
Ohne dass sie auch nur etwas bemerkt, starre ich sie an, wie ein Kleinkind das vor einem Spielzeug steht welches es sich nicht leisten kann. Ihre Augen, ihre Nase und ihre Lippen machen sie perfekt. Dieses unerträgliche Verlangen diese Lippen sofort zu berühren und zu küssen macht mich wahnsinnig. Wieso sagt Kitano nichts mehr? Ich bin auf seinen Rat angewiesen. Was war denn zu erwarten?
„Deine Reaktion! Du konntest dich noch nie beherrschen wenn du eine hübsche Frau triffst. Aber Geschmack hast du, das muss ich dir lassen. So eine triffst du nicht so schnell wieder, schon gar nicht hier, in Dortmund!“, erklärt mir Kitano endlich. „Und was soll ich deiner Meinung nach nun machen?“, frage ich ihn.
„Wie wäre es, wenn du einfach abwartest was passiert? Wird bestimmt wieder richtig unterhaltsam!“, antwortet er. Den leichten Schritten zu urteilen, bemerke ich wie er sich zurückzieht. Nun bin ich auf mich allein gestellt. Ein Glück, dass die Lute so in ihren Büchern vertieft sind. Keiner bemerkt wie ich dieses Frau vor mir bestaune und begehre.

Ich entschliesse mich dazu noch etwas weiter zu lesen. Ich muss versuchen mich wieder einigermaßen zu konzentrieren, so dass meine Hormone sich etwas abkühlen können. Doch bereits nach ein paar Zeilen schaue ich wieder zu ihr. Während sie liest, fallen ihr andauernd die Haare ins Gesicht. Zärtlich streicht sie sich die Strähnen aus dem Gesicht und liest weiter in einem Buch dessen Titel mir verschwiegen bleibt. Ich bin mir im klaren, dass dies kein körperliches Verlangen ist. Es ist nicht so, dass ich jetzt unbedingt mit ihr schlafen möchte. Da ist viel mehr. Ich will sie besitzen, von ihr begehrt werden. Ich will sie umarmen und stundenlang so verharren, draußen, auf dieser schneebedeckten, schon fast langweiligen und doch romantischen Skyline.
„Sie ist die Frau deiner Träume. So viel ist mal sicher“, flüstert mir Kitano ins Ohr, kichert und verschwindet wieder. Er wird bereits wissen, dass auch diese Frau für mich wieder unerreichbar bleibt.

Es vergehen Minuten, vielleicht aber auch Stunden oder Dekaden die ich hier nun sitze und Shutter Island lese. Dabei blättere ich lediglich die Seiten um, dem Inhalt kann ich schon längst nicht mehr folgen.
Plötzlich zucke ich zusammen als ein lautes Hachhhuuuuu ertönt. Die besondere Betonung liegt dabei auf dem Chhhuuuuu. Es ist der Kerl der Rechts neben mir sitzt und einen Nies-Böller nach dem anderen zündet. Es klingt voller Schmerz und Leid. Er zündet fünf davon. Seine Augen tränen, ich kann das Grinsen nicht verbergen. Sein recht inhaltsloser Blick dabei macht die ganze Situation noch wesentlich komischer. Ich merke, dass ich nicht der einzige bin der dies sehr amüsant findet. Sie lächelt. Sie versucht es zu verbergen, kann sich dem aber nicht widersetzen und muss ebenfalls schmunzeln und wirft mir dabei einen schüchternen Blick zu. Es scheint als hätten nur wir beide diese Szenerie als witzig empfunden. Keiner der anderen Leser in unserer Runde schien etwas bemerkt zu haben, oder diese extrem peinlichen Nieser auch nur ansatzweise komisch zu finden. Ob wir nun den gleichen Humor teilen, oder dies einfach an der Jugend liegt, die durch uns zwei diese langweilige Runde erfrischt, sie hat meine Präsenz definitiv wahrgenommen. Als unsere Blicke sich wieder trennen, richtet sie ihre Brille und liest weiter interessiert in ihrem Wälzer. Mich hingegen interessiert, zumindest für den Moment, der niesende Kerl der neben mir sitzt. Während er seine Lektüre geradezu aufsaugt, versuche ich ihn etwas zu begutachten. Sein Anzug und seine Uhr scheinen teuer zu sein. Sein Blick, arrogant und doch nichtssagend. Ein Geschäftsmann Ende Vierzig wahrscheinlich. Ein absoluter Stereotyp. Recht interessant ist dafür die Lektüre die er liest: Die Winter in Okinawa sind mild. Ihr Reiseführer und Begleiter. Ein seltsamer Titel. Was dieser Kerl wohl in Japan will? Kurios ist ebenfalls, dass dieser Reiseführer um die 1000 Seiten dick ist.

Während ich mich kurz mit diesem seltsamen Geschäftsmann befasst habe, habe ich nicht bemerkt das sie bereits ihren Platz verlassen hat und an der Kasse steht. Wie ist das möglich? Eine unbekannte Stimme flüstert mir ständig zu, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt.

Zeit zu handeln. Mir ist vollkommen klar, dass mir Kitano nicht helfen wird. Verspiele ich diese Chance, werde ich auch alle anderen, noch folgenden Möglichkeiten nicht nutzen. Und selbst wenn sie mir eine Abfuhr erteilen würde, hier sitzen zu bleiben würde mich später noch viel mehr ärgern. Diese Chance werde ich nicht sausen lassen. Dieses Mal nicht. Ich knalle das Buch in Eile auf den Tisch und verlasse diese lesenden Zombies und laufe ihr hinterher. Doch so sehr ich mich auch beeile, meine Beine wollen mich nicht schneller zu ihr tragen.

Endlich im Erdgeschoss angekommen muss ich mir leider eingestehen sie verloren zu haben. Den Ausgang verlassen, erblicke ich lediglich verschneite Straßen und Gassen. Das Wetter ist ungemütlich und scheint bitterkalt, doch ich friere einfach nicht. Meine Blicke huschen in alle Richtungen bis sie weit vor mir in der Ferne endlich ihren roten Mantel entdecken. So schnell wie möglich versuchen meine müden Beine mich zu ihr zu befördern.

Nach einigen Metern habe mein Ziel erreicht. Nur wenige Schritte von mir entfernt begutachtet sie ein weiteres Mal das Buch welches sie gerade gekauft hat. Mein rechter Arm bewegt sich wie von selbst. Und wie von selbst berührt dieser rechte Arm diesen weichen, roten Mantel der Frau. Sie hat es bemerkt. Nun gibt es kein zurück mehr.
„Hey, könntest du mal kurz warten?“, frage ich schüchtern. Die Geste kam an, sie dreht sich um. Schneeflocken bedecken ihre Haare. Sie kommt mir nun noch kleiner vor als vorhin in der Buchhandlung. Doch ihre Schönheit haut mich um.
„Hallo. Was möchtest du denn?“, fragt sie mich. Zum ersten Mal höre ich ihre Stimme. Es fällt mir schwer sie zuzuordnen. Meine ganze Umgebung, all die Menschen hier kommen mir gerade so plastisch vor. Dann nehme ich meinen ganzen Mut zusammen: „Dies ist wahrscheinlich das dümmste was du je gehört hast, aber ich kann dich nicht einfach gehen lassen. Wenn du willst verachte oder amüsiere dich über mich wenn ich mit meinem gestammel hier fertig bin, aber bitte höre mir kurz zu.....“
„Du bist echt süß“, kichert sie. Mein Blick sagt nun genau so wenig aus wie der des Geschäftsmannes aus der Buchhandlung.
„Du hast mich da die ganze Zeit beobachtet. Hab ich gesehen. Etwas unbeholfen, aber richtig süß. Du bist kein Kerl der einfach so eine Frau ansprechen würde, nein. Dich hat es nun all deinen Mut gekostet und vielleicht wirst du es hier nach nie wieder tun.“
Erneut fehlen mir die Worte. Dann, völlig unerwartet für mich, berühren ihre in Handschuhe gehüllten Hände die meine.
„Diese Stadt ist so grau. Es kommt mir vor als sei ich die Hauptdarstellerin in einem Film Noir. Halt mich etwas. Sag nichts. Halt mich fest und lass uns danach etwas zusammen unternehmen. Schliesse mich in deine Arme und sei still, egal wie kitschig du das findest. Doch ich weiß das wir uns ohne weitere Erklärungen verstehen werden“.

Das brauch sie mir nicht zweimal sagen. Ich erfülle ihren Wunsch der auch mein Begehren ist. Ich nehme sie in meine Arme. Ein tolles Gefühl. Meine Hände berühren ihre Haare die nicht nur so aussehen, sondern sich auch anfühlen wie Seide. Anschließend berühre ich zärtlich ihr Gesicht. Sie schmiegt sich an mich und schweigt.
„Bitte verrate mir deinen Namen“, flüstere ich ihr ins Ohr.
„..... und du?“
„Tut mir leid, ich habe dich nicht verstanden. Hier dröhnt irgendwas ziemlich laut“
„Den würdest du auch so nie verstehen“, fügt sie traurig hinzu.
Nun kommt es auch mir so vor als befände ich mich in einem alten Film Noir Klassiker. Der Ostenhellweg, nein, die komplette Stadt und all ihre Menschen sind grau, nur wir zwei nicht. Alles dreht sich nur um uns. Und endlich bemerke ich auch was hier nicht stimmt. Um so fester drücke ich sie an mich, nur um zu vergwissern, das ich mit meiner Vermutung falsch liege.

Sie richtet ihren Kopf auf, nimmt die Brille ab und schaut mir in die Augen. Jeder Mann würde diesem Blick verfallen.
„Läuft alles ein bisschen zu gut, oder?“, sagt sie zu mir.
„Ja. Ein bisschen zu gut“, stimme ich ohne weiteres zu.
Ein Kuss wird mir wohl verwehrt bleiben. Kitano hatte recht. Sie ist die Frau meiner Träume. Und jetzt wo ich diesen Kerl so dringend benötige, da wird mir klar, das er sich aus dem Staub gemacht hat. Es wäre falsch zu behaupten er hätte nie existiert. Doch je mehr ich über ihn nachdenke, desto unwirklicher wird mir seine Existenz jedoch. Ich hätte ihn gerne noch gefragt ob die Winter in Okinawa wirklich so mild sind wie es der Titel dieses Reieseführers behauptet.

Ein letztes mal schaue ich sie hoffnungsvoll an bevor mich ein Team von Garten und Landschaftsbauern endgültig aus meinem Traum zieht. Wir haben August und diese fleißigen Arbeiter mähen den Rasen und kümmern sich um den trockenen Boden. Durch den Spiegl kann ich meinen völlig planlosen Gesichtsausdruck wahrnehmen. Meine Gedanken sind noch ganz bei ihr. Vielleicht werde ich sie wiedersehen. Nur dich, Kitano, dich werde ich wohl nicht mehr wiedersehen. Ich reibe mir die Augen, knalle das Fenster zu um dem Lärm zu entkommen und lege mich wieder hin. „War ja mal ein ganz angenehmer Traum“, sage ich zu mir selbst und merke wie ich direkt wieder einschlafe. Noch immer am rätseln über diesen bezaubernden Duft und dem niessenden Geschäftsmann.


Ende

Samstag, 8. Januar 2011

Verfilmung: Ein unerwartet gelungenes Gruseldrama. Ijintachi tono natsu (Sommer mit Fremden)


Japan 1988
Roman: Ijintachi tono natsu (Taichi Yamada)
Regie: Nobuhiko Obayashi
Darsteller: Morio Kazama, Tsurutaro Kataoka, Kumiko Akiyoshi, Yuko Natori, Toshiyuki Nagashima
Laufzeit: 1:48:12 (Kein Abspann)

Alle Infos zum Roman und Inhalt der Geschichte findet man in meiner Rezension zu: "Taichi Yamada, Sommer mit Fremden"


Nach dem tollen Roman von Taichi Yamada war ich natürlich neugierig auf die Verfilmung zu "Ijintachi tono natsu". Doch da gab es gleich zwei Probleme:

1: Es ist eine Verfilmung
2: Ist dieser Film beinahe unauffindbar

In Japan selbst ist die DVD heutzutage eine Rarität. Glückliche Fügungen (das Internet) haben mich dennoch zu diesem Film gebracht.

Bei einer Verfilmung muss man prinzipiell davon ausgehen, enttäuscht zu werden. Bereits vorher sollte man seine Erwartungen deutlich zurückfahren. Ansonsten könnte man sich all die schönen Erinnerungen (wie Charaktere oder Umgebungen), die man sich während des Lesens ausmalte, ruinieren. Regisseur David Cronenberg sagte einst, während er William S. Burrough's Kultroman "Naked Lunch" verfilmte: Um einen Roman originalgetreu zu verfilmen, müsste man lediglich das Buch zur Hand nehmen und mit einer Kamera jede einzelne Seite aufnehmen.
Cronenberg entschied sich dafür die Verfilmung neu zu interpretieren um anschliessend eine alternative Version zu Burrough's Roman zu präsentieren. Keine schlechte Alternative. So wird es für Buch und Filmfans interessant.

Nach einer semi Enttäuschung wie "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 1" hatte ich auch an "Ijintachi tono natsu" keine Erwartungen. Schon gar nicht bei einer solch komplexen Vorlage. Bereits Regisseur "Hideo Nakata" entschied sich damals das schwer zugängige Werk von "Koji Suzuki's" Bestseller "Ringu" neu zu interpretieren. "Ijintachi tono natsu" ist da keine Ausnahme was die Komplexität angeht. Doch ich wurde eines besseren belehrt. Bereits nach zwanzig Minuten packte mich der Film. Ich hatte ein unglaublich gutes Gefühl. Die Frage war nur, ob der Film dies auch bei knapp zwei Stunden Lauflänge schaffen würde. Und man kann sagen, Regisseur Nobuhiko Obayashi ist es gelungen, bis zum Finale eine tolle Adaption eines fantastischen Romans abgeliefert zu haben.
Der Regisseur versucht erst gar nicht seinen eigenen Stil zu präsentieren. Er dirigiert, genau so wie es ein Regisseur tun sollte, seine fantastischen Darsteller durch Yamadas Roman. Diese geben teilweise Dialog getreu das wieder, was ich noch vor einigen Tagen so aufrichtig gelesen habe.
Obayashi gelingen Dinge die ich in so vielen Verfilmungen vermisst habe. Während es bei modernen Verfilmungen nur noch um Effekte und die Umsetzung imposanter Szenen aus dem Roman geht, schafft es Obayashi all die kleinen Details umzusetzen, von denen ich mir immer wünsche, das sie es mit in den Film schaffen. Das fängt bei dem Dialog zwischen Harada und dem Zuhälter in Asakusa an und geht weiter mit der Taxifahrt als Harada seinen Kindheitsort wieder verlässt. Momente die es meistens nie in eine Verfilmung schaffen würden. Das gleiche gilt für die Szenerie. Alles läuft genau so ab und sieht so aus wie ich es mir beim lesen vorgestellt habe. Haradas Apartment zum Beispiel. Oder das Theater in Asakusa. Manche Szenen-Abläufe wurden beinahe schon peinlich genau wiedergegeben. Ganz im guten Sinne natürlich.

Doch für die tolle Leistung ist natürlich nicht nur der Regisseur verantwortlich. Die Darsteller runden das Werk erst ab. Obwohl das Buch von dem Ich-Erzähler Harada handelt, wurden selbst die Szenen in denen er alleine ist klasse umgesetzt. Harada fängt im Film nicht an selbstgespräche zu führen. Auch seine Kommentare aus dem Off halten sich sehr in Grenzen. Obayashi setzt die Momente mit Harada klever um. Schauspieler Morio Kazama ist es zu verdanken das er den Hidemi Harada so fantastisch verkörpert. Ich fand seine Darstellung einfach klasse als er, alleine, in getreuer Drehbuchautor Manier, Mamiyas Schauspiel nachahmte als dieser ihm klar machte er sei in seine Ex-Frau verliebt. Es wird vollkommen auf Off-Kommentare verzichtet. Kazama meistert es in dieser Szene grandios, die Enttäuschung und den Hohn Haradas, gegenüber seines Freundes Mamiya darzustellen. Ebenfalls zu erwähnen wäre Tsurutaro Kataoka in der Rolle von Haradas Vater Hidekichi. Er schafft es den Charakter genau so cool und lässig rüberzubringen wie im Original. Doch Lob muss ich an die komplette Besetzung aussprechen. Man freundet sich schnell mit den Charakteren und findet Sympathie für sie.
Als Soundtrack gibt es sowohl eigens für den Film komponierte Melodien, aber auch das für die Geschichte wichtige Stück von Puccini ist vertreten.

Großartige Änderungen bis auf Haradas Alter, der in dieser Verfilmung Ende dreißig ist, gibt es nicht. Harada wirkt am Anfang nicht ganz so mitfühlend wie im Roman. Man geht weniger auf seine Vergangenheit ein, was ein wenig verhindert die Handlungen dieses Charakters nachzuvollziehen. Mamiyas Beziehung zu Harada hingegen ist im Film wesentlich lockerer als im Roman. In den erweiterten Szenen die an Haradas Arbeitsplatz spielen wird dies sehr deutlich. Bis auf diese wenigen Ausnahmen hält der Film sich aber bis zum Finale, worauf ich gleich eingehen werde, ziemlich genau an Yamadas Roman. Ich wage es sogar zu behaupten das wahrscheinlich ausschließlich die Kenner des Romans, an diesem Film ihre Freude haben werden. Was eigentlich ziemlich selten ist. Sind es doch die Leser, die bei einer Verfilmung immer die benachteiligten sind.

Selbstverständlich hat der Film aber auch mit einigen Längen zu kämpfen. Einige Szenen werden etwas gestreckt. Dafür fehlen etliche Szenen zwischen Harada und Kei. Das gleiche gilt für den mentalen und körperlichen Verfall von Harada. Die Geister die ihm seine Lebenskraft aussaugen. Es kommt mir vor als wollte man sich lediglich auf das Verhältnis zwischen Harada und seinen Eltern konzentrieren. Die Szenen zwischen ihm und Kei lediglich als Nebenstory zu belassen. Es dürfte natürlich auch zu viel verlangt sein all das von weniger als zwei Stunden Spielzeit zu erwarten. Leiden musste darunter dann das Finale im Apartment. Dieses wurde nicht nur extrem abgestraft, sondern auch teilweise umgeändert. Kei handelt als böser Geist anders als im Roman. Sie ist einsichtiger und wünscht Harada für sein weiteres Leben viel Glück. Auch die komplette Hintergrundgeschichte, wie Mamiya und der Hausmeister das Rätsel um Kei aufdecken, fehlt beinahe komplett. Erst nach dem Showdown im Apartment hält sich Regisseur Obayashi wieder genau an den Roman. Die fehlenden Szenen vermisst man selbstversändlich schmerzlich als Kenner des Buches, jedoch wäre es einfach ungerecht dieser wunderbaren Verfilmung dies nun anzukreiden. Jeder der Yamadas Roman gelesen hat wird bei diesem Film sehr gut bedient werden.


"Ijintachi tono natsu" ist eine gelungene Verfilmung. Regisseur Obayashi hält sich detailgetreu an Taichi Yamadas Roman. Die Darsteller hätte man nicht besser auswählen können und ein melodischerSoundtrack untermalt die Szenen perfekt. Wer den Roman gelesen hat, wird belohnt. Auch Fans des japanischen Kinos können einen Versuch wagen. Für alle anderen dürfte dieses Werk eher zu lang und unverständlich wirken. Leider hat der Film auch die ein oder andere Länge. Der Showdown im Apartment wurde sogar noch verändert und abgestrafft. Dennoch muss man zugeben das man das möglichste getan hat, um eine Verfilmung so originalgetreu wie möglich umzusetzen. Als Gesamtwerk ergänzen sich Roman und Film super. So macht eine Adaption spaß. Davon bitte mehr.



Wertung: 4 Dante (Gut)

Freitag, 7. Januar 2011

Haruki Murakami lässt nun auch Vögel vom Himmel regnen



Ich konnte es mir einfach nicht verkneifen über diese Geschichte zu schreiben. Haruki Murakami scheint mich zu verfolgen. Vor einigen Tagen schaltete ich den Fernseher ein und hörte in den Nachrichten das es in den Vereinigten Staaten und in Schweden Vögel vom Himmel regnete. Immerhin waren es keine Sardinen oder Blutegel. Wobei ich die Vögel nicht unbedingt weniger bizarr finde.

Vermutlich ein Racheakt vieler erboster Fans die dem Japaner im letzten Jahr den Nobelpreis für Literatur gegönnt haben. Vielleicht schreibt Murakami aber auch persönlich die Geschichte unserer Welt. Und er wollte einfach mal etwas neues probieren. Wie dem auch sei. Diese Geschichte befasst mich sehr. Jeder der Kafka am Strand gelesen hat sollte bei einem Phänomen wie vom Himmel regnende Vögel hellhörig werden, und sich am besten gleich auf die Suche nach dem Eingangsstein machen. Als Proviant für diese Reise sollte man sich mindestens eine große Flasche Johnnie Walker und einen Vorrat an Kentucky Fried Chicken Hühnchen besorgen.

Donnerstag, 6. Januar 2011

Taichi Yamada, Sommer mit Fremden: Eine melancholische Liebeserklärung an den Stadtroman



Die Yamada Rezensionen 1

Autor: Taichi Yamada
Originaltitel: Ijintachi to no natsu 異人たちとの夏
Erscheinungsjahr: 1987 (Japan), 2008 (Deutschland), Goldmann Verlag
Übersetzung: Ursula Gräfe, Kimiko Nakayama-Ziegler
Genre: Drama, Mystery


"Als wir in Tawara-Machi aus der aus der U - Bahn stiegen und die Internationale Straße entlanggingen, wurde mir bewusst, dass der Sommer endgültig vorbei war. Es stimmte mich ein wenig traurig. Auch in den Abgaswolken, die den Gehweg einhüllten, war die herbstliche Stimmung zu spüren. Sogar die Passanten bewegten sich anders als in der Hitze des Hochsommers. Mit dem Sommer waren auch meine Eltern und Kei entschwunden." - Hidemi Harada-

Ich glaube besser könnte es Taichi Yamada nicht ausdrücken. Egal wie oft wir so manch elend heißen Tag auch verfluchen, sobald sich der Herbst nähert, blicken wir alle voller Wehmut auf den Sommer zurück. Besonders in einer solch ungemütlichen Zeit wie in diesem kalten Winter hilft uns Yamadas Roman, sich schon wieder etwas auf den kommenden Sommer einzustellen, den wir alle so sehnsüchtigst erwarten.

In "Sommer mit Fremden" begleiten wir den achtundvierzig jährigen Ich-Erzähler Hidemi Harada. Harada, angekommen in einer Midlife Crisis resümiert sein Leben. Seiner Meinung war er seiner Frau kein guter Ehemann, seinem Sohn kein guter Vater. Als in die Jahre gekommener Drehbuchautor muss er sich um jeden Auftrag bemühen. Auf eigenen Wunsch hin trennt er sich von seiner Frau und reicht die Scheidung ein. Er hinterlässt ihr das Haus und sein Geld, er selbst lebt fortan in seinem ehemaligen Büro in einem einsamen Gebäudekomplex. Als ihn eines Abends sein Arbeitskollege und bester Freund Mamiya beichtet, das er seiner Ex-Frau ein Liebesgeständnis machen will, verliert Harada endgültig jegliche Freude am Leben. Von nun an ereignen sich seltsame Dinge in Haradas Umgebung. Er bemerkt das er nach Feierabend nicht die einzige Person ist, die in diesem Bürokomplex lebt. Er lernt Kei kennen, eine mysteriöse Frau die sich ihm als Nachbarin vorstellt. Und nach einem spontanen Trip in seinen Kindheitsort Asakusa, freundet sich Harada mit zwei Personen an, die seinen verstorbenen Eltern zum verwechseln ähnlich sehen. Harada zweifelt an seinem Verstand, und bemerkt dabei nicht in welch gefährlicher Lage er sich befindet.

Der Inhalt dieser knapp 200 Seiten starken Geschichte lässt noch nicht erahnen wie vielschichtig dieser Roman ist. Yamada präsentiert, wie es in japanischen Geschichten eine Spezialität ist, einen (Murakami ähnlichen) Ich-Erzähler. Angekommen an einem Punkt, wo er sich selbst auf dem Weg des Lebens verloren hat. Wie auch bereits bei Murakamis Erzählern, freundet sich der Leser sofort mit dem sympathischen Harada an. Man kann nachvollziehen was er durchmacht und nach welchen Sehnsüchten es ihn dürstet. Yamada braucht dazu nur wenige Seiten um uns diesen interessanten Charakter vorzustellen. Ähnlich wie Yamada selbst es eins war, ist auch sein Hauptcharakter ein Drehbuchautor. So verleiht er Harada auch teilweise autobiografische Züge.

Bereits nach wenign Abschnitten bemerkt der Leser, der so wunderbar geschmeidig von Harada durch die Geschichte geführt wird, das etwas nicht stimmt. Genau wie der Erzähler selbst fragt sich der Leser, ob es sich um die Realität oder um einen Traum handelt. Dabei geht Yamada sehr auf die Vergangenheit Haradas ein. Dieser verlor bereits im alter von zwölf Jahren seine Eltern, die von einem Laster erfasst wurden und starben. Er musste sich alleine durchs Leben kämpfen und meisterte diese Situation letztendlich auch. Dennoch ist immer wieder zu lesen wie sehr sich Harada nach seinen Eltern sehnt. Er war glücklich in den wenigen Jahren die er mit ihnen verbrachte. Auch Heute noch sehnt er sich nach elterlicher Zuwendung. In Asakusa trifft Harada einen Mann, der aussieht und redet wie sein Vater. Dieser Mann lädt ihn eines warmen Sommerabends einfach zu sich nach Hause ein. Wie in Trance folgt Harada dem Fremden zu seinem Haus. Dort lernt er auch dessen Frau kennen, und seine Befürchtung, vor die es ihm graute, bewahrheitet sich. Diese Frau sieht aus wie seine verstorbene Mutter. Alles bloß Zufall? Oder trifft Harada dort die ruhelosen Geister seiner Eltern? Harada versucht in dieser Situation noch logisch an die Geschichte ranzugehen. Völlig euphorisiert von dem Wiedersehen mit seinen Eltern trifft er daheim auf seine Nachbarin Kei, die er zuvor unhöflich abgewiesen hat. Harada entschuldigt sich bei ihr und lädt sie zu sich in die Wohnung ein. Doch scheint diese Frau nicht weniger von Rätseln umgeben zu sein wie jene Personen, die er in Asakusa kennenlernte.

Das große Thema in diesem Roman ist die Einsamkeit. Die Einsamkeit in einer riesigen Stadt. Harada fühlt sich verlassen in dem Betondschungel namens Tokio. Yamada gelingt eine unglaublich melancholische Stimmung zu erzeugen. Er verleiht diesem Stadtroman eine magische Atmosphäre. Wir wünschen uns natürlich ein Happy End für Harada. Doch hier kommen wie wieder bei Murakami an. Bereits nach der Hälfte des Buches wissen wir, das es ein solches Happy End nicht geben wird. Man fühlt es bereits längst bevor man die letzte Seite gelesen hat. Sind diese Leute in Asakusa wirklich Haradas Eltern? Wird er endlich die Liebe seiner Eltern bekommen nach der er sich schon so lange sehnt? Hat er mit der ebenfalls einsamen, dreinunddreißigjährigen Kei, eine Seelenverwandte gefunden? Wird er mit ihr glücklich werden? Oder ist vielleicht alles nur ein Traum oder eine Halluzination? Es gibt viele Fragen und Rätsel, bis am Ende dann die große Wendung die Geschichte beendet. Was nicht bedeutet, das Yamada auch alles beantwortet was man sich während des lesens so gefragt hat. Dies ist vielleicht auch der einzige Kritikpunkt. Viele Geheimnisse bleiben bewahrt, einige unlogische Dinge bleiben jedoch zurück. Da ich aber zu viel von der Geschichte verraten würde, werde ich nicht weiter auf diese Punkte eingehen. Allerdings trüben diese Punkte nicht den Gesamteindruck

Taichi Yamada ist ein Werk genau nach meinem Geschmack gelungen. Sein lockerer und leicht verständlicher Erzählstil, der dank der wunderbaren Übersetzung von Ursula Gräfe und Kimiko Nakayama-Ziegler so richtig zur Geltung kommt, entführt den Leser in eine surreale Welt. In "Sommer mit Fremden" geht es um die Einsamkeit, das Gefühl der Verlassenheit, Selbstzweifel, Liebe und natürlich Freundschaft. Besonders die Freundschaft ist es, die am Ende der große Sieger sein wird. Für alle Fans der japanischen Literatur ist Taichi Yamadas Roman Pflicht. Und das gilt natürlich auch für alle, die einmal etwas neues wagen wollen. Großartig.




Wertung: Fünf Dante (Sehr gut)

Sonntag, 2. Januar 2011

Neueröffnung! Der angenehme Wind am Strand

Ich widme diesen Blog literarischen Perlen fernab von Vampiren und Elfen.

Der Ideengeber für diesen Blog war die japanische Literatur auf die ich hier besonders eingehen werde. Neben aktuellen News zu Neuerscheinungen wird es auch Besprechungen zu Werken geben die ich gelesen habe. Aber auch meiner zweiten Leidenschaft, der wunderbaren Welt des Kinos, möchte ich meine ganz besondere Aufmerksamkeit widmen. Jeder Leser, der sich einst auf diesen Blog verirrt, wünsche ich viel spaß.